Reggae-Star Kabaka Pyramid:Antisemitismus-Vorwurf: Backstage sagt Konzert von Grammy-Gewinner ab

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2023 wurde Kabaka Pyramid für das Album „The Kalling“ mit dem Grammy Award ausgezeichnet. (Foto: FREDERIC J. BROWN/AFP)

Er habe die jüdische Weltverschwörung propagiert und die Hamas-Gräueltaten verharmlost: Deshalb ließen die Clubbetreiber den jamaikanischen Reggae-Star nicht auf die Bühne. Der Künstler bestreitet die Vorwürfe.

Von Michael Zirnstein

Noch vor einem Jahr hat Kabaka Pyramid den Grammy für das „Beste Reggae-Album“ gewonnen (für „The Kalling“); er wird angepriesen als „revolutionärer Texter, der die Melodie des Reggae mit der Lyrik des Hip-Hop vereint“; dafür wurde der Jamaikaner auch bereits auf der laufenden Europa-Tour in Dortmund gefeiert.

In München war nun Schluss mit dem Jubel: Einen halben Tag vor seinem Auftritt im Backstage am Donnerstagabend sagte die Geschäftsführung des größten Subkulturzentrums der Stadt das Konzert ab.

„Den verantwortlichen Betreibern des Backstage liegen Aufzeichnungen (in Form von Social Media Postings) vor, in denen der Künstler direkt oder indirekt Gräueltaten und terroristische Handlungen im Nah-Ost-Konflikt verharmlost oder gar gutheißt“, begründet das Backstage den Rauswurf auf seiner Facebook-Seite. „Weiterhin unterstützt und verbreitet er mit seinen Äußerungen und ,Likes‘ in den sozialen Medien die These einer jüdischen Weltverschwörung.“ Diese Äußerungen seien nach „internationaler Definition“ klar dem Antisemitismus zuzuordnen, schreibt das Backstage weiter.

Hans-Georg Stocker, der Gründer und Betreiber des Backstage, betont immer wieder, wie viel Arbeit und Zeit er und sein Team damit verbringen, die gut 1000 auftretenden Künstler im Jahr nach problematischen, also etwa rechtsradikalen, antisemitischen oder homophoben Positionen zu durchleuchten.

In diesem Fall bekam der Club einen Hinweis und die zugehörigen Belege (Screenshots von den inzwischen nicht mehr auffindbaren Beiträgen Kabaka Pyramids in Instagram und auch privaten Textnachrichten) von der „Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Nordrhein-Westfalen“. Die stellte unter anderem fest, der Musiker habe die Terroristen der Hamas trotz der massenhaften Tötungen, Vergewaltigungen und Verschleppungen von israelischen Zivilisten als „Freiheitskämpfer“ bezeichnet. Auch die Initiative „Concerned Reggae Collective“ hatte die Äußerungen Kabaka Pyramids scharf kritisiert, die Vereinigung „Artists Against Antisemitism“, die von Hunderten Künstlern wie Tocotronic, Sebastian Krumbiegel oder Fehlfarben unterstützt wird, schloss sich an.

Politischer Extremismus wird nicht geduldet im Münchner Sub-Kulturzentrum Backstage. (Foto: Robert Haas)

Auch die Clubs Flucc in Wien und das PMK in Innsbruck haben die Konzerte von Kabaka Pyramid abgesagt. Das PMK veröffentlicht auf seiner Internetseite ein Statement des 38 Jahre alten Kabaka Pyramid, der bürgerlich Keron Salom heißt: Darin weist der Künstler alles als „falsche Anschuldigungen zurück“, er habe nie öffentliche Aussagen gemacht, die eine jüdische Weltverschwörung nahelegen; er habe auch nie die Gräueltaten der Hamas heruntergespielt; die Zitate seien aus dem Zusammenhang gerissen worden; er sei weder antisemitisch noch rassistisch. Sein Song „World Wide Love“, schreibt er, sage, wofür er stehe: für die Wahrheit, für die Liebe aller Menschen, auch der Marginalisierten.

Das Backstage hat das nicht überzeugt. Der Club stehe für Toleranz und Offenheit und Diversität auf allen Ebenen, politischem Extremismus werde keine Bühne geboten. Der Internetpost stieß auf breite Zustimmung (bisher mehr als 800 Likes), auch die überwiegende Mehrheit der etwa 100 Kommentatoren folgte der Linie: „Stabil. Backstage zeigt klare Kante. So muss das sein.“

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