Backstage:Kein Platz für Schickimickis

Rocker, Reggae-Fans, Emos, Grufties und Metaller: Das Backstage an der Friedenheimer Brücke ist Münchens alternativster Club.

Lisa Sonnabend

Wenn ein Club oder eine Kneipe umzieht, schwingt immer die Angst der Wirte mit: Werden mir die Gäste in das neue Gebäude folgen? Der Betreiber des Backstage kennt diese Ängste zu Genüge. Bereits zum dritten Mal in 17 Jahren musste Hans Georg Stocker mit seinem Club umziehen. Vor sechs Jahren ging es von der Donnersberger Brücke zur Friedenheimer Brücke - und nun ist das Backstage etwa 100 Meter entfernt auf die andere Seite der Brücke gezogen.

Doch zwei Monate nach dem Umzug kann Stocker sich beruhigt zurücklehnen. Fast alle Gäste sind auch im neuen Backstage zu finden: die Rocker, Reggae-Fans, Emos, Grufties und Metaller. Nur die Kaninchen, die über das alte Gelände hoppelten, sind nicht mitgekommen. Noch nicht jedenfalls.

Der Umzug des Backstage ist rundum gelungen. Die neue Halle, die schon seit zwei Jahren für Live-Auftritte in Betrieb ist, gilt als die vielleicht beste Konzerthalle in München: Stufen rund um eine Freifläche lassen einen auch von hinten noch gut auf die Bühne blicken und der Sound ist ausgesprochen gut. Nebenan ist - ähnlich wie im "alten" Backstage - ein kleiner Raum, in dem vor allem Metal-Fans auf ihre Kosten kommen.

Und Münchens einziger Nachtbiergarten darf natürlich auch im neuen Backstage nicht fehlen. Die Maß "Prinzregent Luitpold" gibt es für 4,80 Euro und jeder kann sein mitgebrachtes Fleisch auf den Grill werfen. Im Gegensatz zur Halle werden hier Chill-Out-Musik oder Songs der sechziger Jahre gespielt. An manchen Tagen werden hier Fußballspiele übertragen oder Kinofilme gezeigt. So ein Nachtbiergarten sollte Pflicht für jeden Club werden, damit man sich in Ruhe unterhalten oder kurz vom Tanzen erholen kann.

Vielleicht nirgendwo sonst im Münchner Nachtleben geht es so entspannt, leger und politisch zu wie im Backstage, das längst eine Gegen-Institution im Schickimicki verpönten München ist. Hier treten angesagte Künstler auf, die DJs spielen die neuesten und größten Hits und nach linken Demos finden hier schon einmal Protest-Feiern statt.

An einem Abend sieht man auf dem Gelände neue trendige Frisuren oder Dreadlocks, die gerade angesagten Leggins oder ausgewaschene Slayer-T-Shirts, Anhänger junger deutscher Bands oder Doors-Fans. Nur Freunde der Münchner Schickimicki-Clubs wie dem Pacha, Baby oder der 089-Bar werden nie freiwillig einen Fuß ins Backstage setzen. Nicht einmal während des Free & Easy, dem Highlight im Backstage-Kosmos, das am 4. September beginnt. Seit drei Jahren gibt es hier zum Ende der Sommerferien fast zwei Wochen lang Konzerte, Kino und Party - umsonst. In diesem Jahr spielen unter anderem Olli Schulz sowie die Münchner Bands Babacools und Eins Hoch 6.

In einem Jahr soll an der Friedenheimer Brücke ein S-Bahnhof entstehen, das Backstage wird dann leichter erreichbar mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Um die Zukunft müsste sich Betreiber Stocker eigentlich nicht sorgen. Doch auch das neue Backstage ist wieder nur ein Provisorium. Ende 2010 muss der Club das eben bezogene Gelände erneut verlassen. Die Aga-Gas-Halle wird dann abgerissen - das steht schon fest. Und Stocker wird sich wieder sorgen müssen, ob alle Gäste mitkommen.

Backstage, Friedenheimer Brücke 7, 80639 München, www.backstage089.de. Regulars: donnerstags: Rockers (Rock'n'Roll, Oldies, Punk, Rock), freitags: Raggae und Dancehall, samstag: Freak Out (Alternative-Gitarren-Party)

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: