Was hat die Stadt dem 70-Jährigen als Dank für sein Engagement nicht alles für die heimische Vitrine vermacht: Zinnteller, Weißbierglas, München leuchtet in Bronze, Silber, Gold ... Wenn der SPD-Politiker Josef Mögele wieder für die Wahl zum Laimer Bezirksausschuss antritt, wird in München kein anderer so lange in einem solchen Gremium gesessen haben, von Anfang an übrigens als dessen Vorsitzender.
SZ: Herr Mögele, nach 36 Jahren stellen Sie sich im März noch mal zur Wahl. Warum tun Sie sich das an?
Josef Mögele: Das hab ich mir sehr lang überlegt, auch weil ich vor zwei Jahren ziemlich krank war. Ich tu es, weil Laim jetzt in einer Phase ist, wo sehr viel passiert und man auch sehr viel bewegen kann. Da ist es hilfreich, auf Erfahrung mit der Verwaltung zurückgreifen zu können. Außerdem geht es darum, etwas zu bewahren, damit nicht alles zugepflastert wird, denn das kann keine Lösung für eine Großstadt sein.
Heutige Bezirksausschüsse unterscheiden sich in ihrer Struktur fundamental zu denen von vor 36 Jahren. Wie haben Sie diesen Wandel erlebt?
Als ich 1984 dazugekommen bin, wurden die Mitglieder noch von der Partei aufgestellt. Erst seit 1996 gibt es die Direktwahl. Am Anfang ist man zu den Ausschusssitzungen in die Wirtschaft gegangen, hat erst mal ein Bier getrunken. Es gab eine Vorlage der Verwaltung, keine Diskussionen im Vorfeld, keine Vorberatungen in den Fraktionen. Jedes Mitglied war Distriktvorsteher, an dessen Wohnhaus verwies eine blaue Tafel auf das Amt. Das Mitglied war auch zuständig dafür, dass die Mülltonne geleert war, alles sehr bürgernah. Später wurden dann die Bezirke arrondiert, und 1992 kam die Schwanthalerhöhe zu uns dazu, obwohl keiner von uns das wollte.
Was sprach gegen den Verbund von Laim und Schwanthalerhöhe?
Das hat nicht zusammengepasst. Wenn sie in der Schwanthalerhöhe eine Sitzung hatten, ging's mindestens um zwölf Gaststätten-Konzessionen. Für die war das tägliches Brot. In Laim hat jeder gesagt, des ist doch mir Wurscht! Die hatten Innenstadtthemen, die Messe, einen Teil des Oktoberfestes. Bei uns war's ruhiger. Ob es langfristig aber gut war, uns 1996 wieder zu trennen, bin ich mir nicht so sicher.
Weil?
Gemeinsam hätten wir vielleicht bei Verkehrsfragen mehr bewegen können; die Schwanthalerhöher hatten ja auch immer viel Parkverkehr. Man hätte damals schon mehr Druck ausüben können, dass die U-Bahn schneller nach Pasing kommt, um den stärker werdenden Verkehr aus den Vororten im Westen bewältigen zu können.
Was änderte sich mit der Direktwahl der Ausschussmitglieder?
Das Standing. Ich konnte ins Rathaus gehen und zu den Stadträten sagen, ich bin genauso gewählt worden wie Sie, ich hab auch was zu sagen. Anlass zur Änderung war der Wunsch, mehr Kompetenzen auf die Basis zu legen. Allerdings hatten wir ausschließlich beratende Kompetenzen und konnten etwa keine Baupläne einsehen. Das hat sich inzwischen geändert. Mitentscheiden dürfen wir im Gaststättenwesen, Verkehrsfragen, nicht den großen Magistralen, aber etwa der Situation vor Schulen und beim Baumschutz. Im Bauwesen sind wir weiterhin nur beratend. Das ist überhaupt das größte Manko, dass die Vor-Ort-Leute stärker gewichtet werden müssten. Es braucht mehr Verzahnung.
Sie haben als BA-Chef mehrfach Rederecht im Stadtrat beantragt. Bringt's das?
Geändert wird deshalb nie was. Aber manche Leute fangen an nachzudenken, es gibt Änderungsanträge, und die Verwaltung wird aufgefordert, einzelne Punkte stärker zu betrachten. Für mich gehört die Verwaltung sowieso durchgemischt. Es ist vollkommen richtig, ein Verkehrsreferat einzurichten. Das muss aber viel weiter gehen. Baumaßnahmen etwa sind so essenziell, dass wir nicht erst über Sachverhalte informiert werden dürfen, wenn die Stadtratsvorlage rauskommt.
Hat die Erweiterung des Stadtviertel-Budgets 2018 mehr Autonomie gebracht?
Vorher hatten wir etwa 36 000 Euro im Jahr zur Verfügung, jetzt sind es 112 000. Die erste Herausforderung ist die, dass die meisten Bürger, die was beantragen, nicht wissen, was Maßnahmen kosten. Sie wünschen sich, dass wir einen Brunnen bauen; der kostet aber 80 000 Euro und muss geplant werden. Braucht die Stadt dafür zwei Jahre, ist das Geld schon verfallen, weil es innerhalb eines Jahres nach Beantragung verbraucht werden muss. Im kleinräumigen Bereich, wie Zuschüssen für kirchliche Gruppen, die Jugendzelte wollen, kann man aber sehr viel mehr machen.
Sie sagen, dass Ihr Ehrenamt fast einem Vollzeitjob gleichkommt.
Nehmen wir den Aufzug am Laimer S-Bahnhof. Mit Beginn des Umbaus haben wir nebenbei erfahren, dass der Lift 2020 weg und alles nicht mehr barrierefrei ist. Das große Telefonieren und die Suche nach Zuständigkeiten ging los, ich organisierte eine Sondersitzung, damit uns einer mal erklärt, was die vorhaben. Dann stellt sich die Verkehrsführung im Fußgänger- und Radlertunnel als katastrophal heraus; mindestens viermal bin ich in unterschiedlicher Besetzung in aller Frühe hin und hab mir ein Bild gemacht. Sie kriegen heute in baulichen Fragen nichts raus, wenn Sie nicht den ganzen Tag von einer Stelle zur andern laufen. Mindestens 20 Stunden in der Woche brauche ich für den BA. Nicht mitgerechnet Veranstaltungen der Vereine, im Grunde ein Bürgermeisterjob.
Und dazu kommen zig Großprojekte...
Fangen wir bei der Landsberger Straße 350 an, alter Tengelmann. Dort sollen mal 2000 Menschen arbeiten; an der Schleife zur Fürstenrieder Straße entstehen 300 Wohnungen, altes Straßenbahndepot noch mal 1070, gegenüber an der Zschokkestraße weitere 300, dazu Mehrfamilienhäuser an Stelle einstiger Kleinhäuser. Diese Strukturänderung spiegelt sich weder im Schul- noch im Verkehrsbereich wider. Wenn ich auf die Neuhauser Seite der Friedenheimer Brücke schau, wo die Türme entstehen, frage ich mich, ja, wie fahren denn die Leute weg, wenn man auf der Brücke aus Platzgründen nicht mal eine zweite Busspur aufmachen kann? Die Brücke müsste vergrößert werden. Wenn man den Radbereich stärken will, braucht Laim unter dem Rangierbahnhof eine große Radabstellhalle. Ist nicht vorgesehen. Am S-Bahnhof sollen bis zu 90 000 Passagiere täglich unterwegs sein, da braucht's auch Infrastruktur. Dann die U 5, 2022 geht's richtig los. Das ehemalig ruhige Laim entwickelt sich zum Innenstadt-Randbereich.
Wie verändert sich die Lebensqualität?
Ich hoffe, nicht sehr. Aber wir müssen mehr tun für die Bürger, die dazu ziehen, damit wir öffentliche Einrichtungen und Plätze haben, wo sie sich aufhalten können. Dafür müssen auch bestehende kleine Grünzonen bewusst gestaltet werden. Auch Jugendliche brauchen Raum. Wir wollten für sie an der Zschokkestraße einen Spielplatz einrichten. Was ist passiert? Das Geld hat entschieden; die Stadtwerke bauen da 300 Wohnungen mehr drauf.
Könnten Sie sich vorstellen, all das auch als einfaches Mitglied zu begleiten?
Das wird vielleicht ein paar Sitzungen problematisch sein; aber wenn eine andere Partei über 50 Prozent hat, dann sollen die den Vorsitz übernehmen, und ich setz mich rein und geb meine Kommentare ab.
Die Spitzenkandidaten (soweit bekannt): SPD: 1. Josef Mögele, 2. Verena Dietl, 3. Michael Dahlmann. CSU: 1. Alexandra Gaßmann, 2. Hans Limmer, 3. Stefanie Stöckle. Grüne: 1. Jutta Hofbauer, 2. Daniel Haas, 3. Stefanie Junggunst. FDP: 1. Oliver Jennissen, 2. Richard Volkmann, 3. Lukas Köhler.