Verkehrsthemen beherrschen auch die Bezirksausschuss-Tagesordnungen in der City mehr denn je, mit einer Besonderheit: Wenn in Münchens guter Stube über Parkplätze, Straßenbreiten, Sperrungen oder Radwege diskutiert wird, hat oft die ganze Stadt eine Meinung dazu. Da kann es schon mal vorkommen, dass Kollegen in Harlaching einen autofreien Sonntag für die Stadtmitte fordern. Empörte Reaktionen löst solche Fürsorglichkeit im BA Altstadt-Lehel allerdings nicht aus. Dass sich andere ihren Kopf zerbrechen, sind die City-Lokalpolitiker ja gewohnt.
Momentan blicken die Nachbarn mit Interesse in Richtung Ludwigsbrücke. Deren westlicher Zulauf über die Zweibrückenstraße wird wohl zugunsten von Radwegen verschmälert, was die CSU im Gremium weiter ablehnt, während es die Grünen vorbehaltlos billigen, SPD und FDP unter Auflagen. Der Ausschuss fordert ein umfassendes Gutachten und Verbesserungen für Fußgänger am Breiterhof, dem stark frequentierten östlichen S-Bahn-Ausgang.
Breitere Zustimmung für eine schmälere Fahrbahn zeichnet sich weiter nördlich an der Prinzregentenstraße ab, die sich das Gremium auch nach Ende der Bauarbeiten am Altststadtring-Tunnel dauerhaft von sechs auf vier Fahrspuren reduziert vorstellen kann. Ein Thema auf der Erinnerungsliste, zu dem sich der Stadtrat noch nicht positioniert hat. Gegen bisherige Ratsbeschlüsse durchsetzen müssten die Altstädter dagegen die Streichung der dritten Fahrspur südwärts am Thomas-Wimmer-Ring/Isartor. Auf der Abbiegespur hat sich ein illegaler Busbahnhof für eilige Tagestouristen etabliert, der täglich für Rückstau sorgt. Der Abbieger stadteinwärts könnte künftig ohnehin obsolet werden, falls das Tal der Fußgängerzone einverleibt werden sollte, als weiterer Schritt in Richtung einer (fast) autofreien Innenstadt, wie sie Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) vorschwebt.
Ein autofreies Tal sähen alle BA-Fraktionen lieber heute als morgen, solange der gewonnene Platz in der Mitte tatsächlich den Fußgängern zur Verfügung steht. Garantieren soll dies auch hier eine Modul-Lösung, also eine Art Flächen-Nutzungsplan, der den Wirten feste Zonen ("Module") für Stühle und Tische zuteilt und so ein allmähliches Ausufern der Freiluftgastronomie verhindern soll. Dass die Module wie in der nördlichen Sendlinger Straße vorerst unausgeschöpft bleiben, ist in der Gastro-Meile zwischen Isartor und Altem Rathaus kaum zu erwarten. Auf jeden Fall werden der BA und sein Gastronomie-Unterausschuss auch künftig als Schiedsrichter zwischen den Interessengruppen vermitteln.
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Derzeit konkurrieren Wolfgang Püschel von der SPD und Grünen-Kandidatin Andrea Stadler-Bachmaier um den Vorsitz. Die CSU hat sich noch nicht festgelegt
Zur weiteren Verkehrsberuhigung der City haben sich die Stadtviertelvertreter bereits fraktionsübergreifend geäußert. Sie fordern unter anderem, sämtliche öffentlichen Pkw-Parkplätze komplett rückzubauen, über fünf Jahre hinweg. Von Ausnahmeregeln für Elektroautos sollen dabei die Anwohner profitieren, schließlich kann auch E-Mobilität das Platzproblem in der City nicht lösen.
Erst nach und nach melden sich in Verkehrsdiskussionen die Fußgänger als größte und trotzdem lange übersehene Gruppe zu Wort. Zwar missachten nur noch wenige Radler die Schiebepflicht in der Fußgängerzone, dafür müssen Fahrradstellplätze und Rikschastände mit Augenmaß platziert werden, um die Passanten nicht allzu sehr zu behindern. Dass der vom Stadtrat nun grundsätzlich beschlossene Radl-Ring die Lage komplett entzerren kann, glaubt bisher im Bezirksausschuss niemand, schließlich nehmen Radler gern den direkten Weg. Die Nord-Süd-Route über die Alfons-Goppel-Straße und Sparkassenstraße, den Viktualienmarkt und das Rosental ist für einige BA-Mitglieder ausreichend, für andere ein fauler Kompromiss. Die Ost-West-Passage via Färbergraben und Altheimer Eck zu öffnen und teilweise zu entschärfen, bleibt dagegen ein fraktionsübergreifendes BA-Projekt, am besten im Rahmen eines Verkehrskonzepts fürs ganze Hackenviertel, das auch die Beruhigung der Herzog-Wilhelm-Straße mit ins Kalkül zieht.
Hier, nördlich vom Sendlinger Tor, darin sind sich BA und Stadtrat einig, scheint auch der Traum vom neuen Stadtbach noch nicht ausgeträumt, also ein einst natürliches Gewässer an die Oberfläche zu holen. Ein Tiefbauprojekt von ganz anderer Dimension ist mit dem Bahnhofsbau zur zweiten Stammstrecke unterm Marienhof zwar längst angelaufen, dürfte aber erst in der kommenden Amtsperiode zum Ärgernis mit Ansage werden: Noch hält sich der Verkehr zum Transport des Abraums in Grenzen. Sobald sich die Lkw in der nördlichen Dienerstraße, beziehungsweise in der Residenz- oder Maximilianstraße, stauen, werden sich Geschäftsleute und Anwohner aber wohl hilfesuchend an den Bezirksausschuss wenden.