Autoverkehr:Seehofer will Diesel-Fahrverbote in München verhindern

Debatte über Diesel-Fahrverbot

Verkehr staut sich auf dem Mittleren Ring in München.

(Foto: dpa)
  • Am Sonntag will sich Horst Seehofer mit seinen Ministern treffen und über Konsequenzen aus der Stickoxid-Belastung der Innenstädte, insbesondere in München, beraten.
  • OB Reiter hatte zuvor Fahrverbote ins Spiel gebracht, weil der von der EU zugelassene Mittelwert an vielen Straßen in München überschritten wird.
  • Die CSU-Stadtratsfraktion lehnt die Pläne von Dieter Reiter ab. Sie sieht im Moment keine rechtliche Grundlage für Diesel-Fahrverbote.

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) will offenbar mit allen Mitteln ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge in München vermeiden. Er wird sich deswegen an diesem Sonntag mit den zuständigen Ressortministern zusammensetzen, um über mögliche Konsequenzen zu sprechen.

"Ziel ist es, ein Maßnahmenpaket vorzulegen, damit die zum Gesundheitsschutz notwendige Absenkung der Stickstoffdioxidwerte erreicht und gleichzeitig aber auch Berufs-, Versorgungs- und Individualverkehr gewährleistet werden", sagte der Sprecher der Staatskanzlei, Rainer Riedl. Das Treffen sei jedoch schon vor dem Bekanntwerden der Pläne von Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) geplant gewesen und keine Reaktion auf dessen Vorstoß.

Reiter hatte der SZ gesagt, dass man angesichts neu gemessener Abgaswerte über Zufahrtsbeschränkungen für Dieselautos nachdenken müsse - "wenn es keine andere Lösung gibt, und ich kenne gerade keine".

Hintergrund von Reiters Überlegungen sind neue Abgas-Messwerte. Der von der EU zugelassene Mittelwert für die Belastung durch giftiges Stickstoffdioxid wird demnach nicht nur auf den großen Ring- und Einfallstraßen regelmäßig überschritten, sondern auch in weit davon entfernten Gegenden.

Reiters Koalitionspartner im Münchner Stadtrat lehnt dessen Pläne ab. Die CSU-Stadtratsfraktion sieht im Moment keine rechtliche Grundlage für ein Diesel-Fahrverbot. Ein Fahrverbot könne nur durch eine bundesweit einheitliche Lösung umgesetzt werden. "Wir haben heute als Kommune keine rechtlichen Voraussetzungen, ein Dieselfahrverbot zu erlassen", teilt Sebastian Schall, der umweltpolitische Sprecher der Stadtratsfraktion, mit.

Von einem Fahrverbot betroffen wären je nach angewandter Abgasnorm zwischen 133 000 und 170 000 Autos. Insgesamt haben 295 000 in München zugelassenene Autos Dieselmotoren. Reiter erklärte, er habe seine Verwaltung gebeten, kurzfristige Maßnahmen zur Reduzierung der Schadstoffbelastung auszuarbeiten.

Die Bundesregierung sieht wegen zu hoher Emissionen in Städten wie München zwar Handlungsbedarf, ist aber uneins über mögliche kommunale Fahrverbote. Das Bundesumweltministerium betonte, es gehe um das Gebot einer sauberen Luft. "Fahrverbote sind das allerletzte Mittel, was eine Stadt anwenden kann und notfalls auch anwenden muss", sagte ein Sprecher in Berlin. Das Verkehrsministerium bekräftigte dagegen, Fahrverbote seien ein falscher politischer Ansatz. Wirkungsvoller wäre es, Fahrzeuge, die wie Busse und Taxen ständig in Innenstädten unterwegs sind, auf alternative Antriebsformen umzustellen.

Handwerk, Industrie und Handel in Bayern lehnen die Pläne von Dieter Reiter ab. Waren könnten angeblich nicht mehr geliefert werden, mit vielen zusätzlichen Pendlern wäre der öffentliche Nahverkehr überfordert, warnten die Verbände.

Auch der Autohersteller BMW, dessen Konzernsitz in München liegt, ist gegen Fahrverbote. Es gebe intelligentere Maßnahmen als Verkehrsbeschränkungen. Dazu gehöre etwa der Ausbau der Elektromobilität. "Wenn wir die Luftqualität in den Städten verbessern wollen, dann ist es besser, Anreize für nachhaltige Mobilität zu schaffen, als Fahrverbote auszusprechen", sagte ein Firmensprecher. Auch der Branchenverband VDA lehnt Fahrverbote ab. Stattdessen könnte ein gleichmäßiger Verkehrsfluss mit der grünen Welle die Emissionen um fast ein Drittel senken.

Die Umweltorganisation Greenpeace begrüßte dagegen die Überlegungen: "Endlich ist einem Bürgermeister die Gesundheit der Menschen wichtiger als freie Fahrt für schmutzige Diesel."

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