Autofahrer-Ärger:"Das ist eher Abzocke"

33 Mal am Tag schnappt in der Stadt die Radarfalle zu: Völlig zu Unrecht meint der Verein Mobil in München und stellt zum Beweis den neuen "Blitzatlas" vor.

Barbara Kerbel

Die eigenen Erfolge zu betonen ist Michael Haberland und Ralf Baumeister, Vorsitzende des Vereins Mobil in München, besonders wichtig. Wer waren die ersten, die sich für den Bau des Petueltunnels eingesetzt haben? Richtig, Mitglieder ihres Vereins. Dem sei es auch zu verdanken, dass die Münchner seit 2003 in Bus und Tram telefonieren dürfen. Sie wollen die Mobilität fördern, sagt Haberland. Dabei hat der Verein denjenigen den Kampf angesagt, die den Bürger bremsen auf seiner freien Fahrt: den Blitzern. Zum vierten Mal hat der Verein am Freitag den "einzigen Münchner Blitzatlas" präsentiert und die Kontrollpraxis der Polizei mit scharfen Worten kritisiert.

"Die Polizei hat jede Bodenhaftung verloren", sagt Haberland. Mit Sicherheitspolitik habe die Methode der Beamten nicht das Geringste zu tun, eher mit Abzocke. Seine Behauptung belegt Haberland mit Zahlen: Neun Wochen lang, von Februar bis April 2007, hat Mobil in München die Blitzermeldungen von vier Münchner Radiosendern dokumentiert; gut 3000 Autofahrer hatten in dieser Zeit Radarfallen an die Hörfunkstationen gemeldet.

Geht's wirklich um die Sicherheit?

Die so gewonnene Blitzer-Statistik - als Dunkelziffer berechneten die Autoren zehn Prozent - wurden mit den Unfallschwerpunkten aus der Polizeistatistik von 2005 verglichen. Ergebnis: Unfall- und Blitzerschwerpunkte stimmen nur in einem einzigen Fall überein. "Die Polizei blitzt dort, wo am meisten zu verdienen ist", sagt Haberland, und nicht dort, wo am meisten passiere. Um die Sicherheit gehe es offenbar weniger. "Das ärgert uns maßlos."

Dem Atlas zufolge blitzt die Polizei in München derzeit 33 Mal pro Tag, 228 Mal pro Woche, 990 Mal pro Monat und hochgerechnet 11880 Mal pro Jahr. Spitzenreiter ist die Landshuter Allee: Viele Autofahrer werden die nahezu täglichen Radarkontrollen nördlich des Georg-Brauchle-Rings und der Abzweigung zum Olympiapark kennen; 360 Mal pro Jahr wird hier laut Hochrechnung geblitzt.

Zwar belegt die Landshuter Allee in der Unfallstatistik den sechsten Platz; Haberland zufolge passieren die meisten Unfälle jedoch innerhalb des Mittleren Rings - also nicht dort, wo die Polizei regelmäßig blitzt. Mobil in München fordert, im nördlichen Teil der Landshuter Allee, wo bisher Tempo 60 gilt, Tempo 80 einzuführen, da die zweispurige Straße mit wenig Verkehr dazu verführe, mehr Gas zu geben. "Das ist vielleicht nicht richtig, aber menschlich", sagt Haberland.

"Die Vorwürfe sind immer die gleichen", sagt Dieter Bauer, stellvertretender Leiter der Verkehrsabteilung im Polizeipräsidium. Er könne die Kritik nicht nachvollziehen. "In unserer Statistik stimmen Unfall- und Blitzerschwerpunkte zu hundert Prozent überein." Die Radiomeldungen, auf die sich Mobil in München bezöge, stimmten nicht immer. Und die Landshuter Allee gehöre zu den 24 sogenannten Unfallbrennpunkten, an denen mindestens vier Mal pro Monat gemessen werde, sagt Bauer; es sei nicht immer möglich, die Radarfalle direkt an dem Punkt aufzustellen, an dem die meisten Unfälle passieren. Außerdem sei das Ziel ja, die Geschwindigkeit insgesamt zu reduzieren und nicht nur an einer Stelle. "Um das zu erreichen, müssten wir eigentlich überall blitzen."

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: