Auszeichnung:Bloß nie aufhören

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Berührender Moment: Hildebrandt-Preisträger Josef Hader dankt Georg Schramm für die Laudatio . (Foto: Robert Haas)

Ein ganz besonderer Abend: Josef Hader erhält den Dieter-Hildebrandt-Preis

Von Thomas Becker, München

Dieter-Hildebrandt-Preis für Josef Hader, Laudatio von Georg Schramm, Musik von Dreiviertelblut: Auch für den Preisträger ist das ein besonderer Abend. Der nimmt keine Preise mehr an, "nur dafür, dass es mich gibt", sagt er später beim Bier. Auf der Bühne der Kammerspiele fragt er: "Was machen wir hier? Wofür ist das? Nun, es gibt zwei Gründe, warum ich hier bin: zum einen, weil wir uns gemeinsam an Dieter Hildebrandt erinnern, zum anderen, weil wir Georg Schramm gezwungen haben, wieder zu uns zu sprechen."

Vor drei Jahren hatte sich Schramm, der schärfste Vertreter des politischen Kabaretts und leidenschaftlichste Kämpfer für Gerechtigkeit, in den Ruhestand verabschiedet. Für die Lobrede auf den Bruder im Geiste gibt er ein kurzes Comeback, in Person des einfältigen Druckers August, jenem hessischen Alt-SPDler, der "für den Hildebrandt alles macht", diesen Hader aber gar nicht kennt. Er kommt ihm trotzdem nahe, ruft ihm zum Abschied zu: "Ein Nachfolger vom Hildebrandt sind Sie keiner! Den gibt's gar nicht. Der war einzig."

Wohl wahr. So hat es auch der junge Hader erlebt, als er in den Siebzigerjahren im Internat in Melk heimlich fernsah: Hildebrandt mit Werner Schneyder. Besonders beeindruckte Hader "Hildebrandts großes Erstaunen, wo er sich da wieder hingedacht hatte, eine Art Nachdenken auf der Bühne. Und am Ende: ein Fragezeichen, keine letzte Sicherheit". Als er als junger Mann nach München kam, sei das "wie eine Wallfahrt gewesen": Vor der Lach- und Schießgesellschaft sah er Sammy Drechsel beim Rauchen, schlich schüchtern vorbei. Nur mal gucken. Ein paar Jahre später kam er wieder: zum Vorspielen. 1985 hatte Hader den Salzburger Stier gewonnen und Werner Schneyder ihn Hildebrandt zur Ansicht empfohlen. "Ich spiele da also im Laden vor - und plötzlich erkenne ich im dunklen Zuschauerraum dieses Lachen: das von Dieter Hildebrandt." Hader spielte sein Programm "Bunter Abend", ein Tobsuchtswerk, eine wilde Publikumsbeschimpfung. "Die ganze Nacht habe ich mit Dieter beim Rotwein gesessen und diskutiert", erzählt Hader, "er hat gesagt: ,Danach kannst du kein Kabarett mehr spielen. Das ist die Zerstörung all unserer Arbeit'."

Während Hildebrandt seine Überzeugung stets direkt auf die Bühne brachte, spiele er seine Überzeugung, erklärt Hader: "Die muss man suchen dahinter." Hildebrandt habe ihm gezeigt, "wie man diesen Beruf ausüben soll, und er wird mir auch zeigen, wann man ihn beenden soll: nie! Dieser Teil der Rede ist dem Laudator gewidmet". Gar nicht mal subtil, wie Josef Hader dem Georg Schramm da Druck macht.

© SZ vom 30.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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