Ausweichquartier für den Gasteig:"Das ist 1000 Mal besser als die Riem-Variante"

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  • Das Gelände der Stadtwerke gegenüber dem Heizkraftwerk Süd könnte Standort der Ausweichquartiere für den Gasteig werden.
  • Weil das Kulturzentrum von 2021 an aufwendig saniert wird, brauchen VHS, Stadtbücherei, Philharmoniker und Musikhochschule eine Übergangslösung.
  • Deren Chefs sind der Idee gegenüber aufgeschlossen, haben die Räume jedoch noch nicht besichtigt.

Von Michael Zirnstein

Die einen, so scheint es, würden am liebsten gleich die Umzugswagen bestellen und das gerade heiß gehandelte Ausweichquartier für den Gasteig einrichten. So begeistert Bürgermeister Josef Schmid (CSU), Gasteig-Geschäftsführer Max Wagner und Philharmoniker-Chefdirigent Valery Gergiev von dem Areal der Stadtwerke in Sendling sind, so abwartend reagieren die anderen Gasteig-Nutzer. Was nicht verwundert, sie haben das Gelände um die Lagerhalle E-Werk Süd noch nicht besichtigt, sie sind kommende Woche zur Begehung eingeladen. Was sie allerdings jetzt schon wissen, stimmt sie zuversichtlich - mit Einschränkungen.

So hätte die Sendling-Lösung für Klaus Meisel, Direktor der Münchner Volkshochschule, "durchaus Charme". Zumal wenn man auf dem 27 000 Quadratmetern entlang der Hans-Preisinger-Straße alle Gasteig-Institute unterbringen könnte. "Allerdings hat für unsere Teilnehmer die Verkehrsanbindung und die Zentrumslage Priorität", sagt er. Die U-Bahn-Station Brudermühlstraße wäre 400 Meter entfernt. Man müsse die Szenarien in Ruhe durchspielen, eventuell müsse man Unterrichtsräume in der Innenstadt zumieten. "Daher ist Thalkirchen nicht die optimale Lösung, aber so eine gibt es wohl auf dem momentanen Immobilienmarkt nicht."

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Dem Kulturzentrum steht eine jahrelange Sanierung bevor. Als Übergangslösung ist für Philharmoniker, Musikschule und Stadtbibliothek ein Areal an der Brudermühlstraße im Gespräch.

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Ähnlich sieht es Arne Ackermann, Direktor der Münchner Stadtbibliotheken: "Für eine Zentralbibliothek ist die Verkehrsanbindung nicht ideal, hier kann man nicht mit solchen Besucherzahlen rechnen wie am aktuellen Standort." Aber da es keine bessere realistische Alternative gebe, könne er sich mit der Variante anfreunden. "Der Ort hat einen besonderen Charme: die Nähe zur Isar, die coole Urbanität." Während der Umbauplanung habe der Gasteig einen Image-Gewinn erfahren, und bei der Alle-an-einem-Ort-Lösung würde "die Marke Gasteig in der Interimszeit nicht untergehen - darin liegt die große Chance." Alles weitere werden die Geländestudien und der Planungsdialog ergeben, etwa ob das Hauptgebäude groß genug ist für die Stadtbibliothek oder die Philharmonie.

"Wir brauchen mindestens 1800 Plätze", meldet Andreas Schessl von Münchenmusik seinen Bedarf an. Wenn so ein Saal in die 90 Jahre alte Ziegelhalle passe, wäre es umso besser, er könne aber auch mit einer Holz-Philharmonie daneben leben. "Schon weil das Gelände an der Isar liegt, kann man künstlerische Fantasien entwickeln", sagt der Konzertveranstalter. Auch Mitbewerberin Alexandra Schreyer von Bell'Arte klingt erleichtert: "Das ist 1000 Mal besser als die Riem-Variante", sagt sie, die Brudermühlbrücke sei für ihre Kunden wesentlich besser zu erreichen. "Im Rathaus herrschte bisher mangelndes Problembewusstsein, was es bedeutet, wenn man eine Stadt kulturell entkernt."

In der Hochschule für Musik und Theater ist man an einer reibungsarmen Lösung interessiert. Man stehe vor zukunftsweisenden baulichen Veränderungen, sagt Präsident Bernd Redmann, man müsse auch die Generalsanierung der Zentrale an der Arcisstraße und die Einbindung in den neuen Konzertsaal im Werksviertel schultern. Wenn der Unterricht, der am Gasteig stattfindet, weiterhin an einem Ort gegeben werden könne, müssten Studenten und Lehrer nicht pendeln. Und zwischen Hans-Preisinger-Straße und Frankenthalerstraße bestehe eine gute Bus-Verbindung. "Außerdem könnten wir dort die Vernetzung mit der Volkshochschule, der Stadtbibliothek und den Philharmonikern weiter positiv entwickeln."

Die Dauer-Gäste in spe können sich mit Sendling also anfreunden. Und die Sendlinger mit dem Gasteig? Markus Lutz (SPD), Vorsitzender des Sendlinger Bezirksausschusses, sieht in den Plänen "eine tolle Chance für das Viertel". Er ist zuversichtlich, dass sich einige der Spielstätten auch langfristig sichern lassen und so Sendling kulturell bereichern.

Bange ist allerdings jenen, die das Viertel jetzt schon kulturell mitprägen: Etwa jenen Künstlern, die auf dem Areal von den Stadtwerken Ateliers zur "Zwischennutzung" mieten. Teilweise schon seit etlichen Jahren, wie Mirco Taliercio, der seit 2005 ein Fotostudio dort eingerichtet hat. Er sieht die Fotografen, Grafiker, Schreiner und Handwerker - insgesamt "Hunderte von Menschen", die auf dem Gelände arbeiten - "in ihrer Existenz bedroht".

© SZ vom 24.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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