Ausstellung:Meine Welt, deine Welt

In "München - am Rand" im Farbenladen des Feierwerks erkunden 13 einheimische und zugezogene junge Künstler die Grenzen ihrer Stadt.

Von Jacqueline Lang

Wo hört eine Stadt auf, wo fängt sie an? Oder sind es nicht mehr die fließenden Übergänge, die eine Stadt lebendig machen - sei es geografisch, im Austausch mit anderen oder im tiefsten Inneren? Mit der diesjährigen Ausstellung "München - am Rand" im Farbenladen des Feierwerks gehen die Junge-Leute Seite der Süddeutschen Zeitung und junge Münchner Künstler dieser Fragestellung nach. Ihre Interpretationen des Themas Rand könnten dabei unterschiedlicher kaum sein - ein Überblick.

Die Berge. Sie gehören streng genommen nicht mehr zur Stadt. Für die meisten, wie auch für Korbinian Vogt, gehören sie aber genauso dazu wie der Alte Peter. Vor allem die Gebirgsgruppe Karwendel hat es dem 21-Jährigen, der vorwiegend Akt fotografiert, angetan. Schon seine Großeltern waren regelmäßig dort unterwegs. Die Gebirgskette ist in seiner Fotoreihe, die er für den Farbenladen konzipiert hat, das leitende Motiv.

Milena Wohjan ist zwar erst 21, fotografiert aber bereits erfolgreich für renommierte Magazine und Blogs. Für Milena ist der Rand eine Grenze, die beim Feiern überschritten wird. Mit ihrer Kamera hat Milena "die ganzen verrückten Jugendlichen in ihrem hedonistischem Rausch verewigt", sagt sie. Mit ihren Fotos will sie den Rand von und in Münchens Partyszene aufzeigen.

Der Bahnhof ist in jeder Stadt ein Ort des Ankommens und Abreisens, eine Ort der einen Rand markiert. An den Münchener Bahnhof zieht es den gebürtigen Österreicher Luca Senoner, 23, immer wieder. Entstanden sind dabei Schwarz-Weiß-Fotografien im "voyeuristischen Stil".

Die 20-jährige Amelie Satzger ist am Rand von München aufgewachsen und hat aus dieser Zeit eine Reihe von Bildern gesammelt. "Die Bilder, die ich zeigen werde, befassen sich auf eine subtile Art mit dem Zerfall der Natur und deren Schönheit um München", erklärt die junge Fotografin.

Sarah Kreile, 23, arbeitet mit Holz. Die Sängerin der Band Akere, die auch Kunst macht, illustriert ihre Gedanken zum Münchner Rand auf einer 1,5 mal 2,5 Meter großen Holzplatte. Die Idee dahinter: eine interaktive, riesige Landkarte von München zu erstellen.

Oda Tiemann, 22, zeichnet für den Farbenladen Selbstporträts, die sie selbst am Rand von München zeigen. Rand versteht Oda hierbei nicht geografisch, sondern im Hinblick auf ihren nicht klar definierten Platz in der Gesellschaft dieser Stadt.

Das Video, das für Natalie Brück, 27, das Thema Rand beschreibt, basiert auf einer Beobachtung am Münchner Flughafen: auslaufende Flüssigkeit aus einem Mülleimer. Die Kamera starr auf den Gegenstand gerichtet, nur das leichte Zittern der Hand ist sichtbar. Eine nüchterne Stimme aus dem Off beschreibt die Situation. Diese ganz eigene Erzählweise ist zu ihrem Markenzeichen geworden.

Linnéa Schwarz, 25, bezeichnet sich selbst als Zuagroaste. "Mit meinen Fotos, welche teils in München, aber auch über München hinaus entstehen, verstehe ich mich als eine Art Bindeglied zwischen der Welt da draußen und der Münchner Welt". Linnea überschreitet diesen Rand nicht nur physisch, sondern auch psychisch. Ihre Fotografien und Videosequenzen zeigen den Betrachtern deshalb nicht nur die "unmittelbare Umgebung", sondern zudem möglicherweise auch das "eigene Innenleben".

Julia Schneider, 29, hat eine konzeptionelle Porträtstrecke fotografiert. Alle Personen tragen auf den Fotos denselben gelben Pullover - eine Art Uniform. Ihr Gesichtsausdruck wirkt "leer und kraftlos". Für sich genommen sind es keine ästhetischen Fotos. Doch in der Masse wirken sie wie eine Einheit. Julia möchte auf den Konflikt zwischen Individuum und Gesellschaft aufmerksam machen, ein Thema, das gerade in einer Großstadt wie München immer wieder eine Rolle spielt.

Paulina Rauwolf, 24, ist nicht in München geboren. Manchmal fühlt sie sich hier immer noch fremd, "am Rand". Diese Außenperspektive will sie mit den Besuchern der Ausstellung teilen - mit einer interaktiven Performance. Sie hat dafür eine filmende Brille entwickelt, frisch aus dem 3D-Drucker. Was sie sieht, wird für den Betrachter auf einem Fernseher sichtbar und so zugleich erfahrbar.

Die 23-jährige Fotografin Saskia Pfeiffer hat sich gerade kurzzeitig mit ihrem Freund eine Ein-Zimmer-Wohnung geteilt. Für die beiden glücklicherweise kein Dauerzustand. Wohnungsmangel und horrende Mietpreise drängen aber immer mehr vor allem junge Menschen an den Rand von München. Saskia begreift das Thema Rand aber nicht ausschließlich geografisch, sondern meint damit auch den finanziellen Aspekt und andere daraus resultierende Probleme.

Julian Mittelstaedt, 25, lebt seit fünf Jahren in München. Auf fast alles hält er seine Kamera, am liebsten aber auf Menschen. Im Farbenladen zeigt er seine Reihe "Öffentlich Zensiert". "Die Fotos sind nicht gestellt, sondern auf den Straßen Münchens entstanden," sagt der Fotograf. Er habe den Rand des Gesetzes ablichten wollen und zeigt Menschen, deren Gesichter zufällig durch Schatten oder einen Gegenstand zensiert wurden.

Yunus Hutterer, 18, interessiert sich dafür, wie andere Menschen in München das Thema Rand wahrnehmen. Deshalb hat er sie gefragt, wo der Rand für sie ist und sie dann dort fotografiert - sei es in einem Stadtviertel oder im eigenen Zimmer. Die Menschen im Portrait, im Kontext ihres Rands und mit einem kleinen Text bilden gemeinsam das Konzept von Yunus.

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