Ausstellung in München:Taschen machen Leute

Kurze Hassanfälle und heftige Liebe soll eine Handtasche laut Soziologen auslösen können. Eine Münchner Ausstellung zeigt nun 250 Lederbeutel, Clutches und Kelly-Bags aus sechs Jahrhunderten. Denn nicht nur Frauen sind süchtig nach Taschen: Ein bayerischer Kurfürst ging nie ohne zur Jagd.

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Der liebste Begleiter der Frau ist nicht der Mann, sondern die Handtasche. Eine Münchner Ausstellung zeigt 250 Lederbeutel, Clutches und Kelly-Bags vom 16. bis ins 21. Jahrhundert. Doch nicht nur Frauen sind süchtig nach Taschen: Ein bayerischer Kurfürst ging nie ohne zur Jagd.

Schon der Mode-Philosoph Bruce Darnell wusste: "Die Handetasche muss lebendig sein." Das gilt nicht erst, seit er Heidi Klums Mädchen als Jurymitglied bei "Germany's Next Topmodel" beibrachte, das Täschchen auf dem Laufsteg besonders elegant zu schwingen - es gilt schon seit Jahrhunderten. Das Bayerische Nationalmuseum zeigt ab Donnerstag die Ausstellung "Taschen - Eine europäische Kulturgeschichte vom 16. bis 21. Jahrhundert". Rund 250 Exemplare hat das Museum aus dem eigenen Bestand zusammengetragen. Dazu kommen Leihgaben.

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Die Schau in München räumt vor allem mit einem weit verbreiteten Irrglauben auf: Auch wenn Männer heute oft mit einer Mischung aus Respekt und Angst auf die Handtasche ihrer Frauen blicken und sich manchmal nicht einmal trauen, einen Blick hinein zu werfen - eine Frauendomäne war die Handtasche nicht immer. Um 1630 herum lief selbst Kurfürst Maximilian I. von Bayern mit einer pompösen, goldbestickten Jagdtasche aus grünem Seidensamt herum. König Ludwig I. besaß eine silberverzierte Samtbörse.

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"Die Tasche macht die Frau", schreibt der französische Soziologe Jean-Claude Kaufmann in seinem Buch "Privatsache Handtasche", das im vergangenen Jahr auf den Markt kam. Bei Marlene Dietrich war es wohl eher andersherum, die Schauspielerin wurde zur stilgebenden Taschen-Trägerin. Zwei ihrer Exemplare sind in der Münchner Ausstellung zu sehen (hier die eine).

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Erst Anfang des 19. Jahrhunderts wurde die Handtasche das, was sie weitestgehend noch ist: ein Accessoire, das Frauen auf der ganzen Welt nicht mehr missen wollen. Um 1800 entstand das "Ridicule", ein kleiner flacher Beutel, der um das Handgelenk der Dame baumelt. Die ersten Damenhandtaschen im modernen Sinn - mit Metallbügel und Henkel - entstanden um 1875.

"Es geht hier nicht nur um modische Entwicklungen, nicht nur um Form und Design, sondern hinter jede Tasche steht eine gesellschaftliche Entwicklung", sagt Museumsdirektorin Renate Eikelmann. Einfaches Beispiel: Als Frauen anfingen, zu arbeiten, veränderten sich die Taschen und wurden deutlich praktischer.

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Ein reiner Gebrauchsgegenstand wurde die Handtasche aber nicht. War die Durchschnitts-Tasche im und nach dem Zweiten Weltkrieg noch geräumig und damit praktisch, wurde sie in den 1950er Jahren wieder etwas zierlicher und kleiner.

Das heißgeliebte Accessoire ist laut Soziologe Kaufmann auch in der Lage, große Emotionen freizusetzen, zum Beispiel Zorn, wenn das Handy mal wieder klingelt und nicht auffindbar ist. "Kurze Hassanfälle und heftige Liebe also", schreibt Kaufmann. "Eine Tasche enthält alle Gefühle der Welt." Das Exemplar des Designers Christian Lacroix auf diesem Bild dürfte zumindest die Gefühle einiger Frauen in Wallung bringen.

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Ob aus Bast, Leder oder Kunststoff, aus Italien oder Frankreich: Taschen werden aus allen erdenklichen Materialien und überall hergestellt. Schon im 16. Jahrhundert bewahrten Männer und Frauen Geld und persönliche Gegenstände in Ledertaschen und Lederbeuteln auf. "Die Tasche war zugleich Statussymbol", sagt Johannes Pietsch, der Kurator der Ausstellung in München. Darum trugen Frauen des höheren Bürgertums ihre Taschen gut sichtbar an langen Riemen.

Adelige Damen hatten das nicht nötig. Im Laufe der Geschichte dann entwickelten sich - je nach Gebrauchsform - die unterschiedlichsten Taschenarten. Zur Geldbörse kam um die Mitte des 17. Jahrhunderts die Brieftasche hinzu, in der Männer wie Frauen Briefe und persönliche Dokumente aufbewahrten. Nicht zu unterschätzen war auch die Bedeutung der Gebetbuchtaschen, die Frau gut sichtbar an einer Kordel zum Kirchgang bei sich trug.

© Süddeutsche.de/dpa/dayk
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