Süddeutsche Zeitung

Ausgehen:Gehen Superreiche wirklich in so einen Club?

Die Geschichte vom geheimen Contenance Club für exklusives Publikum in München geistert durch den Boulevard. Manches daran macht aber stutzig.

Kolumne von Andreas Schubert

Seit Tagen geistert die Geschichte vom geheimen Klub durch die Boulevards, der nur für die Superreichen reserviert sein soll und in den - man staune - nicht mal die Rolling Stones hineindürfen, wie die tz exklusiv recherchiert hat. Ein seltsam ausgestatteter Bierkeller ist das, mit Ludwig Zwo an der Wand, einer sehr bunten Version von da Vincis Abendmahl und Franz Joseph I. Na servas, Kaiser! Kitsch vom Feinsten als Form der Extravaganz.

Und wenn man sich im Netz die Bilder vom "Contenance Club", so heißt der unterirdische Laden, anschaut, kommt man schon ins Grübeln. Und zwar darüber, ob das überhaupt alles echt ist oder sich da jemand einen rechten PR-Spaß erlaubt. Denn es ist schon schwer vorstellbar, dass es der gewöhnliche Superreiche (sofern nicht blind) mehr als drei Minuten in diesem grellen Gewölbe aushält und dafür noch einen Haufen Geld blecht.

Oder aber darüber, wer denn die potenziellen Mitglieder sind und was sie unter Contenance, also Haltung wahren, so verstehen mögen, wenn es ihnen da unten gefällt. Dass es sich um eine stilbewusste und diskrete Bourgeoisie handelt, daran mag man nicht so recht glauben. Wer sich da wohl fühlt, fährt auch mit einem pinkfarbenen Bentley durch die Gegend.

Immerhin erfährt man auf der Homepage, dass es Firmenevents geben soll, Fußballabende und Formel eins. Firmenevents im Geheimklub, in dem als einzige Frauen nur schweigende Models Zutritt haben sollen? Klingt ein bisschen wie: VW geht in den Puff - hatten wir ja schon mal. Wie auch immer: Superreiche sind auch nur Menschen, sie schauen genauso Fußball wie weniger privilegierte Löwenfans aus Giesing. Und sie mögen es genauso gern wie der Vettel-Fex vom Hasenbergl, wenn Autos im Fernsehen im Kreis fahren (vermutlich nicht auf RTL, sondern auf dem sehr geheimen Bezahlkanal Sky, man ist ja wer).

Und Männer, Hand aufs Herz, wer freut sich nicht, wenn da ein hübsches Püppchen im Eck steht, ohne dummes Zeug zu quatschen?

Aber vielleicht ist ja alles ganz anders: Der Klub soll in einem früheren Andechser Keller in der Ludwigs- oder Isarvorstadt untergekommen sein, von dem selbst hiesige Bierkellerforscher noch nix gehört haben. Das Ding soll praktischerweise nah an der Theresienwiese liegen, wo - Überraschung - schon ganz bald wieder Oktoberfest ist. Weil das dummerweise immer so früh zusperrt, brauchen dann die Angestochenen, ob reich oder arm, noch hinterher dringend was zum Weitersaufen. Welch Zufall, dass die kinieske Protzgrotte bei aller Geheimhaltung jetzt an die Öffentlichkeit gezerrt wird!

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Quelle:
SZ vom 05.08.2017/axi
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