Süddeutsche Zeitung

Arbeitsmarkt:Programm fördert arbeitslose Jugendliche

  • Etwa 1800 Münchner unter 25 Jahren haben derzeit keine Arbeit, einige sind durch Sprachbarrieren oder schlechte Noten schwer vermittelbar.
  • Das Programm "Kfz-Joblinge" hilft Jugendlichen, die schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben, einen Ausbildungsplatz zu finden.

Von Christian Schlodder

Die Zahlen, die Wilfried Hüntelmann, Leiter der Agentur für Arbeit in München, zu vermelden hatte, sprechen eine ziemlich eindeutige Sprache. Lediglich 1,9 Prozent beträgt die Jugendarbeitslosigkeit und liegt damit noch unter dem Bayernschnitt. Die Stadt steht in diesem Punkt eigentlich hervorragend da.

Doch hinter der kleinen Prozentzahl stecken noch etwa 1 800 Münchner unter 25 Jahren, die derzeit ohne Arbeit sind. Und nicht immer sind diese leicht zu vermitteln. "Es gibt immer wieder Menschen, die aufgrund ihrer Lebensläufe durchs Raster fallen. Wir geben trotzdem niemanden verloren", sagt Hüntelmann.

Im Oktober 2017 startete daher das Programm "Kfz-Joblinge", um auch Münchner Jugendlichen eine Chance auf eine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker zu ermöglichen, die bisher wenig Chancen darauf hatten. Oftmals standen ihnen schlechte Noten, mangelnde Deutschkenntnisse oder Probleme im sozialen Umfeld im Weg. Getragen wird das Projekt von der Agentur für Arbeit, der TÜV Süd Stiftung, der Kfz-Innung München-Oberbayern und der Initiative Joblinge in München.

Anfangs werden die Jugendlichen fachlich und persönlich auf ihre Eignung für das Programm überprüft. Im Anschluss finden Praktika von bis zu vier Wochen als Orientierung und zur Vorbereitung statt. Danach sollen die Jugendlichen in einer sechsmonatigen, so genannten Einstiegsqualifizierung die Ausbildungsreife erlangen. Diese Phase unterstützen Arbeitsagentur und TÜV-Stiftung mit einem Ausbildungssalär von 450 Euro pro Monat. Derzeit bekommen es neun Teilnehmer des Projekt. Neun weitere haben sogar schon eine reguläre Ausbildung begonnen. Zwar ist der Ausbildungsberuf des Kfz-Mechatronikers im Gegensatz zu anderen Handwerksberufen vergleichsweise gefragt. Für die jetzigen Joblinge war es im Vorfeld deshalb fast unmöglich, eine Lehrstelle in diesem Bereich zu erhalten.

"Ich wollte schon als Kind etwas Handwerkliches machen und am liebsten was mit Autos", sagt Iraklis Gkaisarlidis. In seinem Lebenslauf steht der Mittelschulabschluss nach Jahrgangsstufe neun. Vielen potenzielle Arbeitgeber war der heute 16-Jährige zu jung für eine Ausbildung. So verging die Zeit - mit Absagen. Im Rahmen des Joblinge-Projekts ist er seit Februar 2018 in einem Autohaus in Sauerlach, anfangs in der Einstiegsqualifikation, seit August in der Ausbildung.

Der dortige Werkstattleiter, Rainer Graf, war anfangs skeptisch; allerdings nicht aufgrund Gkaisarlidis' Lebenslauf. "Ich hatte etwas Sorge, ob der Junge auch 22-Zoll-Räder stemmen kann. Aber er macht sich wirklich in allen Bereichen hervorragend. Wir nennen ihn mittlerweile sogar Herkules", sagt der 53-Jährige. Gkaisarlidis ist mittlerweile sein vierter Jobling. Keiner der drei Vorgänger brachte es zum Abschluss. Einer verschwand nach der ersten Woche wieder. Ein anderer brach seine Lehre nach zwei Jahren ab. Am Projekt selbst zweifelt Graf dennoch nicht. "Ich bin der Meinung, dass jeder eine Chance verdient", sagt er. Die Erfahrungen des Projekts sollen deshalb bald auf andere Ausbildungsberufe ausgeweitet werden.

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SZ vom 15.01.2019/less
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