Ausbau:Großer Handlungsbedarf

Ausbau: Kontakte zwischen Gymnasiasten und Flüchtlingen gibt es kaum. Die Schüler des Wilhelmsgymnasiums bieten ehrenamtlich Stadtführungen an.

Kontakte zwischen Gymnasiasten und Flüchtlingen gibt es kaum. Die Schüler des Wilhelmsgymnasiums bieten ehrenamtlich Stadtführungen an.

(Foto: Robert Haas)

Übergangsklassen für Schüler mit geringen Deutschkenntnissen gibt es an höheren Schulen bisher kaum

Von Melanie Staudinger

Syrien, Afrika - und Starnberg. Die Schüler der internationalen Klassen der städtischen Carl-von-Linde-Realschule auf der Schwanthalerhöhe kommen von überall her, 50 Nationen sind dort vertreten. Die Jugendlichen erhalten zusätzliche Förderkurse in Deutsch, Englisch und Mathematik, die Lehrer können auf eine langjährige Erfahrung mit Schülern verweisen, deren Muttersprache nicht Deutsch ist. Die internationalen Klassen sind keine neue Erfindung, es gibt sie schon seit den Siebzigerjahren, als immer mehr ausländische Arbeiter mit ihren Kindern nach München kamen. Wer heute einen Platz auf einer weiterführenden Schule bekommt, hat Glück. Der Regelfall sieht anders aus. Denn Kinder, die noch nicht ausreichend Deutsch sprechen, sollen zunächst die Übergangsklassen besuchen. Und die siedelt das bayerische Schulsystem an den Grund- und Mittelschulen an.

In München gibt es derzeit 35 solcher Klassen an Grundschulen und 77 an Mittelschulen. In ihnen kommen alle Kinder und Jugendliche ohne ausreichende Deutsch-Kenntnisse zusammen - unabhängig davon, ob sie Flüchtlinge oder Zugewanderte sind und welche Schule sie in ihrem Heimatland besucht haben. An weiterführenden Schulen hingegen ist das Angebot gering. Das städtische Adolf-Weber-Gymnasium bietet ein besonderes Sprachförderprogramm, ebenso die städtische Wilhelm-Busch-Realschule. Die staatlichen Realschulen I und II setzten das Projekt Sprint (Sprachförderung intensiv) um, am staatlichen Wilhelm-Hausenstein-Gymnasium gibt es die Sprachbegleitungskurse "InGym". Der Bedarf, so prognostiziert das Bildungsreferat, wird in den kommenden Jahren aber ansteigen, mehr Plätze wären dringend nötig.

"Dieses Angebot müssen wir weiter ausbauen", sagt auch Stadtschulrätin Beatrix Zurek (SPD), die an diesem Donnerstag im Stadtrat ihre Strategie zur Integration von Flüchtlingen und Zugewanderten im Bildungs- und Sportbereich vorstellen wird. Der Bildungsreferentin ist dabei wichtig, dass das Programm für alle Neubürger da sein soll, also keine Bevorzugung etwa der Flüchtlinge im Vergleich zu anderen Zugewanderten darstellen soll. "Wir wollen Erleichterungen für alle", sagt sie. Und ein Blick in die 71-seitige Vorlage an den Stadtrat zeigt, dass sich einiges getan hat in der Stadt. Kita-Plätze stehen ebenso zur Verfügung wie Schulplätze. Ausbauen ließe sich die Information der Eltern, die derzeit nur wenig wüssten über das deutsche Schul- und Ausbildungssystem.

Einen großen Handlungsbedarf sieht Zurek beim Übergang von der Schule zum Beruf. "Der Bedarf an Auszubildenden und Fachkräften ist in München riesig", erklärt Zurek. Da viele Flüchtlinge aber eine ungesicherte Bleibeperspektive hätten, verhielten sich die Betriebe zunehmend zögerlich. Gute Chancen gibt es aber in den Bereichen Einzelhandel, Hotel, Gastronomie, Handwerk und in der Pflege. "Menschen mit Bleibeperspektive haben in München sehr gute Chancen", sagt Zurek. Nun müsse die Bundesregierung sie nur hierher schicken.

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