Ausbau der S-Bahn-Strecke:Südring vor dem Aus

Tunnel oder oberirdische Trasse? Lange galten beide Varianten zum Ausbau der S-Bahn-Strecke in München als denkbar - bis jetzt. Denn der Südring ist nach einer neuen Studie so gut wie aus dem Rennen.

Dominik Hutter

Im Streit um die Varianten für den Ausbau der Münchner S-Bahn gibt es offenbar einen klaren Sieger: den zweiten Tunnel. Der Südring dagegen ist in einer von Freistaat und Stadt gemeinsam initiierten Studie "mit Pauken und Trompeten durchgefallen", wie es ein Insider ausdrückt. Nach SZ-Informationen erfüllt laut der Studie ein S-Bahn-tauglicher Ausbau der oberirdischen Trasse zwischen Haupt- und Ostbahnhof bei weitem nicht die wirtschaftlichen Mindestanforderungen, er dürfte daher gar nicht mit öffentlichem Geld finanziert werden. Der sogenannte Kosten-Nutzen-Faktor, so haben die Gutachter ermittelt, liegt nur etwa halb so hoch wie bei der vom bayerischen Verkehrsminister Martin Zeil (FDP) bevorzugten Tunnelvariante. Offiziell soll das Ergebnis der Studie am 13. November vorgestellt werden.

Ausbau der S-Bahn-Strecke: In München soll eine zweite S-Bahn-Stammstrecke entstehen. Der Südring ist im Vergleich zum Tunnel die schlechtere Alternative, sagen Experten.

In München soll eine zweite S-Bahn-Stammstrecke entstehen. Der Südring ist im Vergleich zum Tunnel die schlechtere Alternative, sagen Experten.

(Foto: Foto: Haas)

Mit dem schlechten Zeugnis für den Südring bestätigen die privaten Gutachter die Resultate von 2001 - damals waren schon einmal beide Varianten für eine zweite S-Bahn-Stammstrecke miteinander verglichen worden. Auf die erneute Untersuchung hatten sich Minister Zeil und Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) im Mai geeinigt, nachdem die Zustimmung zur Tunnelplanung sowohl im Landtag als auch im Stadtrat rapide geschrumpft war. Die Freunde des Südrings hatten damals argumentiert, das Papier von 2001 sei Makulatur, da die aktuell diskutierte, wesentlich aufwendigere Röhrenvariante mit der früheren nicht mehr vergleichbar sei. Das Ministerium hatte daraufhin zugesagt, dem Südring mit der neuerlichen Vergleichs-Studie eine faire Chance zu geben.

Südring hatte zu geringen Verkehrswert Ausschlaggebend fürs schlechte Abschneiden des von den Grünen sowie Teilen der CSU bevorzugten Südrings ist offenbar vor allem die dezentrale Lage der Bahnhöfe - die Züge sollten am Heimeranplatz, an der Poccistraße sowie am Kolumbusplatz halten. Diese Stationen bieten zwar Umsteigemöglichkeiten zur U-Bahn, können aber nicht mit dem Marienplatz oder dem Hauptbahnhof konkurrieren, die mitten in den Einkaufsbereichen der Innenstadt liegen.

Der MVV hatte bereits im März bei einem vierstündigen Expertenhearing im Stadtrat darauf hingewiesen, dass von den täglich rund 400.000 S-Bahn-Fahrgästen an Marienplatz, Stachus und Hauptbahnhof nur etwa ein Drittel in die U-Bahn umsteigt oder von dort kommt. Zwei Drittel dagegen streben direkt an die Oberfläche - in die Fußgängerzone, ins Theater, Restaurant oder zu anderen Innenstadtzielen. Von den etwa 60.000 Ein- und Aussteigern an den U-Bahnhöfen Kolumbusplatz und Poccistraße sei dagegen nur ein Zehntel im weiteren Verlauf ihrer MVV-Tour auch mit der S-Bahn gefahren. Soll heißen: Kolumbusplatz und Poccistraße benötigen keinen S-Bahn-Anschluss, weil das Hauptziel der Pendler Altstadt heißt. Damit sinkt der sogenannte "Verkehrswert" des Südrings - ein Faktor, der bei Kosten-Nutzen-Untersuchungen von entscheidender Bedeutung ist.

Ausgang der Debatte weiter unklar Ob die Tunnel-Südring-Debatte damit abgeschlossen werden kann, ist freilich unklar. Die Entscheidung, welche Variante gebaut wird, fällt im Landtag. Die Mehrheiten im Münchner Rathaus dagegen sind lediglich für die Haltung der Stadt im Planungsprozess ausschlaggebend - als Bremser wie beim Transrapid oder aber als konstruktiver Partner. Nach SZ-Informationen streben die Politiker an, auch ohne S-Bahn-Ausbau den Südring-Anwohnern mehr Lärmschutz zu bieten - die Chancen stehen offenbar nicht schlecht.

Die Planungen für den zweiten Stammstrecken-Tunnel sind relativ weit fortgeschritten, für den zentralen Streckenabschnitt zwischen Justizpalast und Isar liegt bereits eine Baugenehmigung vor. Allerdings ist die Finanzierung bislang nicht gesichert, Freistaat und Bund verhandeln noch.

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