Ausbau der Münchener S-Bahn:CSU-Zank blockiert zweite Stammstrecke

Der Bau der zweiten S-Bahn-Röhre in München versinkt im innerparteilichen Streit der CSU: Bundesverkehrsminister Ramsauer stellt die Finanzierung in Frage, Ministerpräsident Seehofer pocht auf die Beteiligung des Bundes. Die Stadt fürchtet nun einen Aufstand der Fahrgäste.

D. Hutter, C. Krügel und F. Müller

Die zweite S-Bahn-Röhre für München droht mehr und mehr im innerparteilichen Gezerre der CSU unterzugehen. Ministerpräsident Horst Seehofer verstärkte gestern den Druck auf seinen Parteifreund, Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer, noch einmal spürbar. Er erwarte, dass der Bund "seinen Verpflichtungen bei der Finanzierung der zweiten Stammstrecke nachkommt und sich in die von uns verabredeten Gespräche vertrauensvoll, konstruktiv und mit Hochdruck einbringt", machte Seehofer deutlich.

Umpflanzung von Baeumen in Muenchen

Am Marienhof in der Münchner Innenstadt werden bereits Bäume für die Zweite Stammstrecke umgepflanzt, doch jetzt meldet das Bundesverkehrsministerium erneut Zweifel an der Finanzierung an.

(Foto: dapd)

Klarer Adressat von Seehofers Attacke ist Ramsauer. Der hatte schon seit längerem immer wieder darauf hingewiesen, dass Berlin wohl nicht genügend Geld im Nahverkehrsetat hat, um seinen Anteil von bis zu einer Milliarde Euro zu schultern. Nun legte Ramsauers Staatssekretär Andreas Scheuer noch einmal nach: Zwar sei der zweite Tunnel sinnvoll - da er aber bekanntlich auf dem von Bayern favorisierten Weg nicht finanzierbar sei, müsse bis Jahresende eine andere Lösung gefunden werden.

Mit dieser Aussage sind gleich zwei für Seehofer schmerzhafte Botschaften verbunden: Einmal, dass sich das Ministerium über sein Ultimatum hinwegsetzt, bis nach der Sommerpause müssten klare Aussagen zur Finanzierung her. Und dass Ramsauer vom Freistaat erwartet, für die zweite Röhre deutlich tiefer in die Tasche zu greifen. In den vergangenen Jahren hatte es stets geheißen, Bayern und der Bund wollten sich die Kosten teilen.

In der bayerischen Staatskanzlei und im Wirtschaftsministerium war der Ärger über Ramsauer gestern greifbar. Die Empörung brachte, ungewöhnlich genug, sogar Seehofer und seinen FDP-Vize Martin Zeil zu einer gemeinsamen Initiative zusammen: "Die Verhandlungen von Bund und Freistaat gehen gerade erst in die konkrete Phase", mokierten sich beide über Ramsauer. "Deshalb sollte man das Ergebnis dieser Gespräche abwarten, bevor öffentlich Vorwegfestlegungen getroffen werden."

Im Münchner Rathaus verliert man angesichts der quälenden Debatte allmählich die Geduld. Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) hält es inzwischen für möglich, dass die verspätungsgeplagten Fahrgäste irgendwann auf die Barrikaden gehen. Ude hat schon seit einiger Zeit den Verdacht, der Bund lasse das drittgrößte S-Bahn-System Deutschlands einfach "an die Wand fahren". Die Forderungen aus München seien nicht vermessen, sondern vielmehr die zwingende Konsequenz aus einem zwei Jahrzehnte währenden Investitionsstau.

Attacken auf Ramsauer gab es auch von der Bayern-SPD: "Die bayerische Landeshauptstadt spielt für einen CSU-Bundesminister im fernen Berlin offenbar keine besondere Rolle", sagte Landtagsfraktionschef Markus Rinderspacher. Der Chef der Landtags-Grünen, Martin Runge, warf Seehofer vor, durch die Attacke auf Ramsauer von eigenem Versagen abzulenken: "Es ist völlig unredlich, die Schuld auf den Bund zu schieben." Es sei höchste Zeit, das Projekt aufzugeben.

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