Aus fürs Eldorado-Kino:Was für Retter - oder was zum Weinen

"Lichtspiel-Aus" vom 14./15./16. Mai sowie Kommentar "Das Paradies muss schließen" vom 18. Mai:

Himmelherrgottsakrament! Das Eldorado ist seit Jahrzehnten mein Lieblingskino. Jetzt schließt es zum Ende des Jahres, das darf doch nicht wahr sein. Wo bleibt denn die Treue zur Tradition? Wo bleibt denn das Beschützen von genau solchen Häusern, die sich mit Anspruch und Qualität über Wasser halten? Warum hilft denn keiner in dieser reichen Stadt, um so was zu verhindern? Tivoli, Filmcasino, Atlantis - bei all diesen Kinos wurde der Stecker gezogen. Da nützt auch kein Pseudogejammer vom Kulturreferenten der Stadt, das unterm Strich eh nicht viel wert ist.

Es wird im Jahr 2017 kein Film auf der Leinwand des Eldorado mehr flimmern. Keine schwarzen Marmorstufen führen dann mehr hinunter in einen Kinoraum, der im Sommer schön kühl ist, kein Warten mehr auf die Kinobegleitung auf dem grünen Ledersofa, gegenüber der kleinen, aber feinen Getränketheke, kein Versinken mehr in die bequemen, dunkelgrünen Kinosessel, der dicke Kinovorhang wird sich nicht mehr öffnen in diesem lieb gewonnenen Kinoschmuckkästchen, wo die Menschen, die es 1996 renoviert haben, alles richtig gemacht haben.

Die Zuschauer im Eldorado sind fokussierter auf Film, als in manch anderen Häusern. Ein Grund könnte sein, dass dort in der Regel Arthouse-Filme gezeigt werden, dass die Popcorntüten erst gar nicht rein dürfen und die Smartphones nicht aus der Hosentasche geholt werden. Während der Film gezeigt wird, herrscht eine Stille, ähnlich, wie man es von Theateraufführungen kennt. Herrlich. Und leider auch selten. Ich habe in diesem Kino geweint, erst neulich wieder beim Oscar-nominierten Film "Brooklyn"; gelacht - in der Regel wurden hier Filme von Woody Allen gezeigt; getanzt, als in den achtziger Jahren der Konzertfilm von den Talking Heads lief und ein Zuschauer aufsprang, um zu tanzen, und hinterher der komplette Kinosaal mitmachte.

Ein Kino, das man einfach lieben muss, wenn man gerne ins Kino geht. Ein Ort, der viel mit Erinnerung zu tun hat. "Without memory there is no life", sagte Luis Buñuel mal. Aber wir wissen ja, jedes Paradies hat eine Ablauffrist.

Wie war das noch mal mit dem Geld, das man nicht fressen kann? Vielleicht haben es in dieser Stadt doch mehr Menschen geschafft, Geld zu essen, und dieses gefressene Geld dann ganz ordentlich verdaut. Ach ja, und die Indianer des Stammes Cree haben sich einfach geirrt... Nessie Nesslauer, München, Casterin von Filmen, die unter anderem auch im "Eldorado" gezeigt wurden

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