Aus für Open-Air-Kino:Gute Nacht, München!

Es wird, so steht zu befürchten, still in der Stadt, die Müden werden dann das Sagen haben in München. Jene bedauernswerten Menschenherzen, die sich von im Freien gezeigten Kinofilmen gestört fühlen. Was wünscht man ihnen? Gute Nacht.

Karl Forster

"Guter Mond, du gehest so stihille...", man erinnert sich, ein deutsches Volkslied. Eine kleine grüne Laube wäre nicht schlecht als Venue, um die Weise anzustimmen. Es könnte nun sein, dass der so besungene Mond bald das Hofbräuhaus ablöst als Symbol für die Großmetropole München. Statt eines kräftigen, möglicherweise gar ein bisschen gegrölten "In München steht ein..." zieht still der Mond durch die Abendwolken hin, und wo heute noch zum "oans, zwoa, gsuffa" aufgefordert wird, fließt bald die Textzeile ein: "Leuchte freundlich jedem Müden / In das stille Kämmerlein."

Es wird, so steht zu befürchten, still in der Stadt, die Müden werden dann das Sagen haben in München, jene bedauernswerten Menschenherzen, die von im Freien gezeigten Kinofilmen, auf Brücken Caipi trinkenden Partyfreaks oder auch nur vor den Gaststätten frecherweise miteinander kommunizierenden Rauchern in ihrer Seelenruhe gestört werden. Was wünscht man ihnen? Gute Nacht.

Es wird also kein "Kino am Pool" mehr geben in München. Die Freiluft-Feste auf der Corneliusbrücke sind gefährdet, und mancher Wirt fürchtet mittlerweile die Nachbarn mehr als die Kontrolleure des Kreisverwaltungsreferats, weil diese sich der rauchenden Quatschköpfe vor der Tür wegen beschweren. Nicht dass die Freiluft-Cineasten irgendwelche Bestimmungen ignoriert hätten, nein, nein. Drei Wohnparteien des Stadtviertels Schwabing (!) haben sich nur in ihrer Ruhe gestört gefühlt. Es war ihnen wohl zu laut, als in "Sex And The City" Samantha ihrer Freundin Carrie Bradshaw die Erlebnisse der letzten Nacht schilderte und anzügliche Wortfetzen hinüberwehten in ihre heile, kleine, leise Welt.

Man könnte nun fragen, was Samantha mit einem wohlgeratenen bayerischen Gockel zu tun hat. Bis auf die Tatsache, dass sich die gute Blonde aus Manhattan alles schnappt, was irgendwie nach Mann aussieht, nichts - auf den ersten Blick. Doch ist es in diesem Falle wie mit dem Hahn auf dem dörflichen Misthaufen. Gerne ziehen ja solche stadtgeplagten Menschen aufs Land. Und klagen dann gegen den Hahn auf dem Nachbarhof, der sich erdreistet, jeden Morgen denselbigen mit fröhlichem Krähen zu begrüßen.

Weil sie sich auch hier gestört fühlen in ihrer heilen, kleinen, leisen Welt. Was dem Dorf aber sein Gickerl, ist der Stadt das nächtliche Treiben. Was schämten sich die Münchner, wenn sie von Hamburgern oder Berlinern veralbert wurden, weil man hierorts die Bürgersteige spätestens zur Mitternacht hochzuklappen pflegte. Nun hat die Stadt in den letzten Jahren hart daran gearbeitet, dieses Image loszuwerden. Man denke an die neuen Sperrstundenregelungen, an die Eroberung der Innenstadt durch die Clubszene. Und nicht zuletzt erinnere man sich der drei großen Stadtgeburtstagspartywochenenden, als ganz München tanzte.

Ein paar Schwabingbewohner haben nun gezeigt, dass der stille Mond über die lärmende Großstadt siegt. Ohne dass eine gesetzliche Bestimmung übertreten worden wäre. Die Betreiber von Kino am Pool hätten ihr Projekt vor einem Zivilgericht durchfechten können. Ein für ein kleines Unternehmen allzu gefährliches finanzielles Risiko. Es hätte den Stadtwerken als Herrscher über das Ungererbad gut angestanden, den Kino-Freunden als Partner vor dem Kadi beizustehen. Doch das scheint dort wohl nicht so richtig wichtig genommen zu werden. So wird's halt wieder ruhiger in München. Wie auf dem Dorf. Nur dass in Schwabing nicht mal ein Hahn kräht. Nach was schon?

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