Aufsichtsrat:Wer hat die Macht?

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In der Stiftung, die das Haus betreibt, haben Politiker und private Förderer das Sagen

Von Sabine Reithmaier und Susanne Hermanski, München

Die "Stiftung Haus der Kunst München", gemeinnützige Betriebsgesellschaft mbH, 1992 gegründet, basiert auf öffentlicher und privater Förderung, ist also ein Beteiligungsunternehmen des Freistaats, der auch den größten Anteil - etwa drei Millionen Euro - am Etat bestreitet. Dessen Volumen variiert jährlich durch das, was vom Haus selbst etwa an Eintritten eingenommen beziehungsweise an Sponsorengeldern eingeworben wird. Das Unternehmen hat drei Gesellschafter: Den Freistaat Bayern, die "Gesellschaft der Freunde Haus der Kunst" und den "Künstlerverbund im Haus der Kunst München". Alle drei sind im Stiftungsrat beziehungsweise Aufsichtsrat vertreten, dessen Vorsitz Kunstminister Ludwig Spaenle innehat.

Der Freistaat belegt im Aufsichtsrat noch weitere Sitze: einen davon hat Toni Schmid. Er ist der Ministerialdirigent des Kunstministeriums und ein mächtiger Mann bei allen Besetzungen von Direktoren-Posten in Bayern. Gerade sucht er nach dem neuen Staatsopern-Intendanten, der auf Nikolaus Bachler folgen soll. Schmid war auch maßgeblich an der Berufung Okwui Enwezors ans Haus der Kunst beteiligt. Einen weiteren Sitz hält das Finanzministerium. Dessen Mitspracherecht hängt mit der Historie des Hauses zusammen: Die Amerikaner übergaben die Immobilie nach dem Krieg dem Freistaat als Sondervermögen, und dafür war eben das Finanzministerium zuständig. Einen weiteren Sitz hat Angelika Nollert, Direktorin eines anderen staatlichen Museums, der Neuen Sammlung in der Pinakothek der Moderne.

Zwei Sitze hat der Freundeskreis, vertreten durch dessen Vorsitzenden, den früheren bayerischen Kunstminister und FDP-Politiker Wolfgang Heubisch, und seinen Stellvertreter, den Juristen Friedrich Michael Barnick. Heubisch hatte das Amt 2014 übernommen, nachdem der damalige Vorsitzende Andreas Langenscheidt nach langwierigen Querelen zurückgetreten war. Der Freundeskreis stritt damals über das Vermögen des eigenen Vereins. Viele potente Förderer aus der Wirtschaft wie Allianz, BMW, Münchener Rück oder Siemens, alles langjährige Unterstützer, zogen sich wegen der anhaltenden Auseinandersetzungen zurück. Doch dem Vorstand ist es unter Leitung Heubischs gelungen, den Frieden wiederherzustellen; das Kuratorium ist inzwischen deutlich kleiner besetzt, und der früher eher Dax-basierte Förderverein hat sich in einen fast normalen Kunstverein mit rund 400 Mitgliedern verwandelt.

Für den Künstlerbund - ursprünglich der eigentliche, nun weitgehend entmachtete Besitzer des Hauses - sitzt Patricija Gilyte im Gremium. Der Bund bringt kein Geld in den Etat ein. Auch sein Sitz ist der Historie des Hauses geschuldet. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatten sich drei in München ansässige Künstlerverbände - die Secession, die Neue Gruppe und die Neue Münchner Künstlergenossenschaft - zur "Ausstellungsleitung Haus der Kunst e. V." formiert, schließlich hatte Hitler das Haus 1937 der deutschen Künstlerschaft gewidmet. Ihnen ging es darum, Künstlern wieder selbst die Präsentation und den Verkauf ihrer Werke zu ermöglichen. Seit 1949 richteten sie dazu jährlich die "Große Kunstausstellung" aus. Geschäftsführer war damals Peter A. Ade, der zuvor bereits das von den Amerikanern requirierte und im Haus der Kunst eingerichtete Offizierscasino geleitet hatte. Ade initiierte 1958 auch die Gründung des Freundeskreises, überzeugte unter anderem Siemens, Thyssen, Krupp, Mercedes, BMW, Bertelsmann, BASF, Opel, Henkel, den Quandt-Konzern sowie alle bayerischen Banken und Sparkassen von seinem Konzept und Ausstellungsprogramm.

Ade ging 1982. Das Haus geriet bald darauf in die roten Zahlen, was auch mit horrend steigenden Transport- und Versicherungskosten für Kunst zu tun hatte. Der Freistaat musste rettend eingreifen und gründete schließlich die gemeinnützige Betriebsgesellschaft. Die Zusage des Unternehmers Josef Schörghuber, das Haus der Kunst mindestens zehn Jahre lang großzügig zu unterstützen, trug maßgeblich dazu bei, die Ausstellungshalle zu erhalten. Als die Schörghuber-Stiftung 2014 ausstieg, nachdem sie das Haus 23 Jahre lang mit jährlich 500 000 Euro gefördert hatte, wurde viel über die Beweggründe gemutmaßt.

Diese Zuwendung und die beiden freien Plätze im Stiftungsrat hat inzwischen die Alexander-Tutsek-Stiftung übernommen. Der Stifter hatte sein Vermögen mit feuerfesten Werkstoffen gemacht. Sein Vermächtnis vertreten seine Witwe Eva-Maria Fahrner-Tutsek und Maleachi Bühringer, deren Sohn. Noch ein weiterer großzügiger Sponsor hat einen Sitz: die Kunstsammlung Goetz. Ingvild Goetz bespielt seit Jahren die Bunkerräume des Hauses und hat Teile ihrer Sammlung als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt. Im Rat ist sie vertreten durch ihren Mann, den Unternehmensberater Stephan Goetz.

© SZ vom 25.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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