Aufmarsch unweit des Tatorts:Stadt verbietet Neonazi-Kundgebung

Neonazis wollten am Samstag am Münchner Heimeranplatz aufmarschieren - nur wenige hundert Meter von dem Tatort entfernt, an dem eines der Opfer der Zwickauer Terrorzelle ermordet wurde. Die Demonstration ist nun verboten worden, weil es sich um "eine nicht hinnehmbare Provokation" handle.

Dominik Hutter und Bernd Kastner

Die für diesen Samstag geplante Neonazi-Kundgebung auf dem Heimeranplatz findet nicht statt. Die Stadt hat sie untersagt - und die rechtsextreme "Bürgerinitiative Ausländerstopp" verzichtete auf eine gerichtliche Eilentscheidung. Offenbar aber will der NPD-Funktionär Roland Wuttke später Klage einreichen. Wie berichtet, sollte die Demonstration (Motto: "Kriminelle Ausländer raus") nur wenige hundert Meter von einem Tatort der sogenannten Döner-Morde entfernt stattfinden.

Deshalb und wegen des zeitlichen Zusammenhangs mit der kurz zuvor enthüllten rechtsextremen Mordserie sieht Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) darin "eine unerträgliche Verhöhnung der Mordopfer" und "eine nicht hinnehmbare Provokation". Es sei ein "erfreulicher Erfolg", dass man die "beispiellose Geschmacklosigkeit" habe verhindern können. Auch der Ältestenrat des Stadtrats begrüßt das Verbot.

Mit dem Nein zu Neonazi-Veranstaltungen ist die Stadt in der Vergangenheit schon mehrfach an den Verwaltungsgerichten gescheitert. Ude hofft, dass die Justiz, die in der Vergangenheit "extrem liberal" mit Rechtsextremisten umgegangen sei, "die Abläufe nun besser bewerten kann und erkennt, dass Hasspredigten das Vorfeld von Taten sind".

Der parteilose Kreisverwaltungsreferent Wilfried Blume-Beyerle freut sich, dass die Justiz nun in Ruhe das Verbot beurteilen kann. Er will ausdrücklich eine politische und juristische Diskussion anstoßen, um "Bewegung in der Rechtssprechung zu bringen". Man müsse sich fragen, ob die bisherige Haltung der Gerichte nicht "unabsichtlich zur Verharmlosung" rechtsextremer Aktivitäten beigetragen habe. Zwar sei das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung absolut zu schützen, die Justiz müsse aber auch bedenken, welche Ziele Rechtsextreme verfolgten.

Dennoch ist sich der KVR-Chef des juristischen Risikos des städtischen Vorgehens bewusst. Eine Genehmigung mit Auflagen wäre aber absurd gewesen: "Man kann nicht sagen, ein bisschen weniger Verhöhnung wäre uns recht."

Bei SPD und Grünen im Rathaus lösten das Verbot Erleichterung aus. Die Ereignisse zeigten, "dass ein entschlossenes Ausnutzen aller rechtlichen Instrumente seine Wirkung nicht verfehlt", so Grünen-Chef Siegfried Benker. Unabhängig von der Neonazi-Aktion hat der linke Aktivist Claus Schreer für diesen Samstag eine Demonstration gegen Neonazi-Terror und Verfassungsschutz angemeldet. Der Zug beginnt um 13 Uhr am Platz der Opfer des Nationalsozialismus.

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