Aufarbeitung der Müller-Brot-Pleite:Gut für die Hygiene

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Existiert so nicht mehr: die Bäckerei von Müller-Brot in Neufahrn bei München. (Foto: dpa)

Sie haben den Verlust von 1200 Arbeitsplätzen mitverschuldet und viele Pächter in den Abgrund gezogen. Nun ist klar: Die ehemaligen Chefs der Großbäckerei Müller-Brot werden nicht einfach so davonkommen. Käme es zum Prozess, würden auch andere unangenehme Themen öffentlich - endlich.

Ein Kommentar von Katja Riedel

Noch hat die Staatsanwaltschaft nicht verkündet, dass sie Anklage erheben wird. Und noch gilt trotz eindeutig erscheinender Gutachten die Unschuldsvermutung für die ehemaligen Verantwortlichen bei Müller-Brot. Doch schon jetzt lässt sich trotzdem eines festhalten: Diejenigen, die den Verlust von mehr als 1200 Arbeitsplätzen mitverschuldet und die außerdem kleine Pächter von Bäckereifilialen und andere kleine und mittlere Unternehmer mit in den finanziellen Abgrund gezogen haben, kommen nicht so einfach davon.

Sie müssen sich den Vorwürfen stellen und persönlich haften, sollten Gerichte zu dem Urteil kommen, dass sie Verantwortung für deren Einbußen tragen. Zwar standen bei diesen Ermittlungen wirtschaftliche Fragen im Vordergrund - doch käme es zum Prozess, würden auch andere, nicht nur für die ehemaligen Bäckereichefs sehr unangenehme Themen endlich öffentlich.

Denn der Fall Müller-Brot hatte nicht wegen mutmaßlicher finanzieller Tricksereien die Gemüter bewegt, sondern weil im Inneren der Backfabrik hygienisch unhaltbare Zustände herrschten, die viele Verbraucher in ihrem Vertrauen erschütterten. Es waren Zustände, die schon viele Monate vor der Schließung manchem den Appetit auf Semmeln und Brezen verdorben hätten, wenn sie von Mäusekot, verdreckten und korrodierten Maschinen oder Ungeziefer gewusst hätten.

Was die Behörden dort und anderswo wann und in welchem Ausmaß vorgefunden haben, ist bis heute nicht öffentlich. Und damit können Verbraucher auch immer noch nicht vergleichen, ob es in Neufahrn ganz besonders schlimm oder, so schlicht wie bedauerlich, branchenüblich zuging.

Vor Gericht müssten auch verschwiegene Behörden endlich Tacheles reden und bisher unter Verschluss gehaltene Protokolle offenlegen. Es wäre ein Schritt, der am Ende vielleicht sogar neues Vertrauen schaffen könnte.

© SZ vom 03.01.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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Von Katja Riedel

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