Namensstreit vor Gericht:Verwechslungsgefahr - chinesischer Autobauer unterliegt Audi

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Der ES6 stellt mitnichten die Elektro-Version des S6 dar - schließlich rollt er bei Nio von einem chinesischen Fließband. (Foto: Nio)

Nur ein E unterscheidet die Bezeichnung zweier Modelle des Herstellers Nio von denen der Ingolstädter. Wäre es ein anderer Buchstabe gewesen, hätten die Münchner Richter womöglich anders entschieden.

Von Thomas Schmidt

Chinesischen Autobauern wird regelmäßig nachgesagt, sie kupferten von ihren europäischen Konkurrenten ab. Über den Wahrheitsgehalt dieser Kritik lässt sich streiten - und genau das geschieht auch immer wieder: Nun hat Audi vor dem Münchner Landgericht einen Sieg errungen, bei dem es um die Verwechslungsgefahr zwischen den Modellen der Ingolstädter und jenen eines Start-ups aus Shanghai geht. Der Streit dreht sich aber nicht um sanft geschwungene Karosserielinien, aggressive Scheinwerferoptik oder ikonische Kühlergrills, sondern um einen einzigen Buchstaben: Das E ist das Problem.

Audi duellierte sich im aktuellen Fall mit Nio, einem hierzulande noch vergleichsweise unbekannten chinesischen Hersteller von Elektroautos. Die Ingolstädter hatten im Oktober 2021 auf Unterlassung der Werbung, Auskunft und Schadenersatz geklagt. Das Problem aus Sicht von Audi: Nio bewirbt Modelle mit den Bezeichnungen ES6 und ES8 und plant, diese auch in Deutschland auf den Markt zu bringen. Die Namen der Modelle seien aber viel zu nah dran an den Bezeichnungen der eigenen Fahrzeuge S6 und S8, so die Kritik. Es bestehe also Verwechslungsgefahr.

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Das Münchner Landgericht sieht das auch so - und hat am Donnerstag den Markenstreit zugunsten von Audi entschieden. Nio darf demnach nicht mehr für die Modelle ES6 und ES8 werben. Der zusätzliche Buchstabe E sichere "keine hinreichende Unterscheidungskraft", so das Gericht. Hätten sich die Chinesen stattdessen für ein B oder Z oder irgendeinen anderen Buchstaben entschieden, die Sache wäre vermutlich anders ausgegangen.

Aber das E in der Typenbezeichnung von Automodellen sei als Abkürzung von "Elektro" quasi allgegenwärtig. Potenzielle Autokäufer könnten also denken, dass es sich beim ES6 um einen Audi S6 mit Elektroantrieb handelt. Das Gericht formuliert das etwas umständlich als "Verwechselung durch Inverbindungbringen" - und das dürfe nun mal nicht sein.

Vor Gericht ging es um die Namen, nicht ums Aussehen der Autos - hier der S6 von Audi. (Foto: Audi)

Das Argument von Nio, dass es sich bei den chinesischen Autos um SUV-Fahrzeuge handle, die fraglichen Audis hingegen Limousinen seien, zog vor dem Münchner Gericht nicht. Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig, es ist durchaus möglich, dass der Streit in die nächste Runde geht. Ein Sprecher von Nio hatte bereits vor der Urteilsverkündung gesagt, man werde bei einer Niederlage in erster Instanz wahrscheinlich Rechtsmittel einlegen. Tut der E-Autobauer das nicht, müsste er sich neue Namen für seine Modelle ausdenken.

Nio verkauft den ES6 und ES8 bisher in China und Norwegen, will die Modelle aber auch nach Deutschland bringen. Vergangenen Herbst brachte das Start-up zunächst seine elektrische Limousine ET7 auf den deutschen Markt. Andere chinesische Hersteller wie Byd, Aiways, MG und Ora sind schon hier. Allein Byd will in vier Jahren 120 000 Autos in Deutschland verkaufen, und der in Pullach sitzende Autovermieter Sixt plant, 100 000 Byd-Elektroautos in seine Flotte aufzunehmen.

Trotz solcher Expansionsbestrebungen spielen chinesische Autobauer in Deutschland bisher nur eine marginale Rolle. Ihr Marktanteil liegt nach Angaben des ADAC bei etwa einem halben Prozent. Das wollen die Chinesen in naher Zukunft ändern - ob mit oder ohne E.

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