Süddeutsche Zeitung

Aubing:Viele Gedankenspiele

Über ein zweites Alten- und Service-Zentrum am Westkreuz soll in diesem Jahr eine Machbarkeitsstudie entscheiden. Auch in Freiham sind Wohnmodelle für Senioren und Pflegegruppen geplant. Konkret ist noch nichts

Von Ellen Draxel, Aubing

Das Alten- und Service-Zentrum (ASZ) Am Aubinger Wasserturm 30, bislang die einzige Anlaufstelle für Senioren im Stadtbezirk Aubing-Lochhausen-Langwied, soll eine Dependance am Westkreuz bekommen. Weil von den mehr als 9100 Bewohnern des Stadtbezirks, die 65 Jahre und älter sind (Stand Dezember 2019), allein rund 6000 in Neuaubing und dem Westkreuz leben, hat das Sozialreferat schon vor drei Jahren einen zweiten ASZ-Standort ins Auge gefasst - auf einer Brachfläche an der Friedrichshafener Straße. Bebauen will dieses städtische Grundstück nahe der S-Bahn-Station Westkreuz die städtische Wohnungsbaugesellschaft Gewofag. Noch allerdings ist unklar, ob an der Ecke geförderter Wohnungsbau kombiniert mit sozialer Infrastruktur wie Kindergarten, Kinderkrippe und einem Angebot für ältere Menschen wirtschaftlich überhaupt möglich ist. Eine für dieses Jahr geplante Machbarkeitsstudie soll dies klären. Vor einer Fertigstellung des Standorts ist laut dem Sozialreferat aber nicht vor 2029 zu rechnen, da auf jeden Fall zunächst eine Bebauungsplanänderung erfolgen müsste. Die Behörde möchte deshalb gerne "als Interimslösung" Räume anmieten. "Allerdings", relativiert Sozialreferentin Dorothee Schiwys Stellvertreter, Vize-Behörden-Chef Sebastian Groth, bestehe "aufgrund der derzeit angespannten Haushaltslage große Sorge, ob und wann eine Anmietung realisierbar sein" werde.

"Grundsätzlich" denkbar ist die Ansiedlung von "Beratungs- und Unterstützungsangeboten für ältere Menschen" aus Sicht der Sozialverwaltung außerdem in Lochhausen. Im Neubaugebiet Henschelstraße entstehen an der Grenze zum Park eine Einrichtung für Kinder und Jugendliche sowie ein Nachbarschaftstreff. Das Baurecht erlaube aber auch "Möglichkeiten für weitere Nutzungen", so Groth. Derzeit laufe eine "verwaltungsinterne Abfrage zu Bedarfen und Finanzierbarkeit". Seniorengerechte Angebote dort zu verankern wäre auch im Sinne des Bezirksausschusses Aubing-Lochhausen-Langwied: Erst vor wenigen Tagen hat das Gremium genau dies in einem Antrag gefordert. In den Stadtteilen Lochhausen und Langwied sind mehr als 1100 Menschen 65 Jahre und älter.

Und wie sieht es mit Wohn- und Pflegeangeboten für ältere Menschen im Stadtbezirk aus? Neben dem "Seniorenwohnen Pasing-Westkreuz" an der Aubinger Straße 51 mit 234 vollstationären Pflegeplätzen gibt es in Aubing-Lochhausen-Langwied insgesamt 33 Tagespflegeplätze, im Seniorenwohnen und bei der "Alten-Tagespflege Aubing" an der Neideckstraße 6. Zudem findet sich an der Fabrikstraße 60 eine von der Arbeiterwohlfahrt betreute Wohnanlage mit 53 Wohnungen und der Möglichkeit psychosozialer Begleitung. Zwölf ambulante Pflegedienste haben ihren Geschäftssitz im 22. Stadtbezirk, einige von ihnen kümmern sich um fünf ambulant betreute Pflege-Wohngemeinschaften an vier Standorten mit zusammen 34 Plätzen. Zwei dieser Pflegegemeinschaften sind für Menschen mit Demenz, drei für Bewohner mit Intensivpflege-Bedarf.

In den kommenden Jahren sollen laut dem Sozialreferat weitere Angebote im neu entstehenden Stadtteil Freiham die bestehenden ergänzen. Am zentralen Quartiersplatz ist eine zweite vollstationäre Pflegeeinrichtung mit 130 Plätzen und einer Tagespflege geplant, der Zeitpunkt der Fertigstellung ist aber noch offen. Aubings Lokalpolitiker drängen, diese Einrichtung "vorrangig" zu realisieren, denn der Bedarf an Pflege- und Altenheimplätzen steige beständig. Auch ambulant betreute Pflege-WGs sieht die Verwaltung für Freiham vor, eine im ersten, zwei im zweiten Realisierungsabschnitt. Die Wohngemeinschaften bestehen jeweils aus acht bis zwölf Personen mit Pflegebedarf und werden von einem ambulanten Pflegedienst versorgt.

Ein Novum im Stadtbezirk wird außerdem das Projekt Mehrgenerationen-Wohnen sein: Im zweiten Realisierungsabschnitt sollen in einer Wohnanlage der städtischen Wohnungsbaugesellschaften GWG oder Gewofag 60 bis 90 Wohneinheiten für ältere Menschen errichtet werden, die dort gemeinsam mit jungen Familien, Alleinerziehenden mit Kindern und ähnlichen Zielgruppen leben. Zusammen weniger allein sind ältere Menschen auch bei einem anderen, im Viertel noch nicht existenten Wohnmodell, den sogenannten "sorgenden Hausgemeinschaften". Bei dieser Wohnform beziehen Mietgruppen, die zu gemeinschaftlichem Wohnen und gegenseitiger Unterstützung im Bedarfsfall bereit sind, jeweils eigenständige, aber räumlich geclusterte Wohnungen. Zwei dieser Hausgemeinschaften sollen in Freiham entstehen, je eine im ersten und zweiten Realisierungsabschnitt.

"Bedarf angemeldet" hat das Sozialreferat darüber hinaus bei weiteren Bauvorhaben in Lochhausen und am Westkreuz - für jeweils zwei ambulant betreute Pflege-Wohngemeinschaften. Diese Planungen befinden sich laut Sebastian Groth allerdings noch "in einem frühen Stadium" - weshalb "nicht absehbar" ist, ob daraus tatsächlich etwas wird. Dass in Lochhausen oder Langwied Pflegeangebote grundsätzlich wichtig wären, um die Menschen in ihrer gewohnten Umgebung zu belassen und nicht unnötig zu entwurzeln, fordern auch Aubings Bürgervertreter.

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SZ vom 03.03.2021
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