Aubing:Unmut über Umwandlung

Aubing: Von der Auflösung der Hortgruppe hatten die Eltern erstmals vor zwei Wochen erfahren. Sie glauben, dass sich nun die Situation im Gebiet verschärft.

Von der Auflösung der Hortgruppe hatten die Eltern erstmals vor zwei Wochen erfahren. Sie glauben, dass sich nun die Situation im Gebiet verschärft.

(Foto: Catherina Hess)

In einer Aubinger Einrichtung an der Kronwinkler Straße soll ein Hort zu einem Kindergarten werden - wegen ungünstiger Lage und Unterbelegung, wie der Träger sagt. Doch die Eltern fühlen sich überrollt

Von Ellen Draxel, Aubing

Der Krippen- und Kindergarten-Anbieter Infanterix will zum September seine Hortgruppe am Standort Aubing 2 an der Kronwinkler Straße 24 schließen. Die Kinder stehen laut dem Träger deshalb aber nicht auf der Straße; Infanterix hat eine Lösung mit dem Referat für Bildung und Sport ausgearbeitet. "Die Kinder, um die es geht, haben die Option, nächstes Schuljahr die Kita Luna zu besuchen", sagt Geschäftsführer Benjamin Tajedini. "Oder wir machen, falls die Eltern das nicht wollen, noch eine Übergangsgruppe mit den Hortkindern und fünf- bis sechsjährigen Kindergartenkindern auf."

Dass Infanterix plant, die Hortgruppe in eine Kindergartengruppe umzuwandeln, hatten die Eltern erstmals vor zwei Wochen erfahren. Der Zeitpunkt sei bewusst früh gewählt worden, "um den Familien ausreichend Zeit zu geben, von kommendem Schuljahr an anderweitig einen Hortplatz für ihre Kinder zu finden", heißt es von Seiten des Betreibers. Die Vergabe von Kindertagesstätten-Plätzen wird über den Online-Kitafinder geregelt, der Anmeldestichtag für die Erstvergabe der Betreuungsplätzen ist der Tag der Schuleinschreibung, dieses Jahr der 25. März.

Die Eltern aber fühlen sich von der Ankündigung des Trägers "überrollt". Sie wissen, dass es schwer ist, einen Hortplatz zu bekommen, haben sie doch in anderen Einrichtungen schon nachgefragt und die Erfahrung gemacht, dass ihre Kinder überall "runterpriorisiert" werden. "Unsere Kinder sind keine Erstklässler mehr und müssen sich deshalb hinten anstellen", sagt eine Mutter. Hinzu komme, dass es in der Gotzmannschule kommendes Schuljahr vermutlich fünf erste Klassen gebe, eine mehr als bisher, "was die Sache noch einmal verschärft". Viertklässler in eine gemischte Gruppe mit Kindergartenkindern zu stecken, ist für die Eltern keine sinnvolle Lösung. "Die Großen gehören da einfach nicht mehr hin, da sind sie unterfordert."

Tajedini sagt, er verstehe die Eltern. Der Geschäftsführer gibt aber auch zu bedenken, dass es den Hort in den vergangenen fünf Jahren nur eines Versprechens wegen gegeben habe: Damals hatte Infanterix die Kita von dem geschlossenen Glücksbären-Kinderhaus übernommen und den Eltern seinerzeit zugesagt, den Hort solange weiterlaufen zu lassen, bis die Schüler ihre Grundschulzeit absolviert hätten. Dieses Versprechen habe man eingelöst. "Infanterix", erläutert Tajedini, konzentriere sich "hauptsächlich auf frühkindliche Bildung". Die Kernkompetenz liege in der Förderung der Null- bis Sechsjährigen, darauf wolle man sich künftig konzentrieren. Die Betreuung von Hortkindern sei nicht die Stärke des Unternehmens. Die Hortgruppe in Aubing ist die einzige in allen 19 "Infanterix"-Einrichtungen in München, ansonsten gibt es von dem Betreiber stadtweit nur Krippen- und Kindergarten-Gruppen.

Für eine Auflösung der Gruppe spricht aus Sicht von Tajedini und seiner Geschäftsführer-Kollegin Annett Nkaira-Heß außerdem, dass die Hortgruppe in den vergangenen Jahren stets unterbelegt gewesen sei - der ungünstigen Lage wegen. Trotz Werbung besuchten die Gruppe maximal 13 Kinder, dabei gäbe es Platz für 22. "Wir haben den Hort voriges Jahr bei Ärzten, online und über den Elternbeirat der Gotzmannschule bekannt gemacht", sagt Nkaira-Heß. Doch der Werbeerfolg war mäßig - lediglich ein Kind kam dazu. "Ein Hort", findet Tajedini, "sollte nahe bei der Schule sein. Unsere Einrichtung an der Kronwinkler Straße dagegen liegt alles andere als ideal, die Kinder brauchen zwischen einer halben und einer dreiviertel Stunde, um zu uns zu kommen."

In der Umgebung der Gotzmannschule gibt es außer Infanterix mehrere Einrichtungen, die sich nach Schulschluss um die Grundschüler kümmern: Zwei Mittagsbetreuungen, die Gotzmannmäuse und der Verein Flemingo, mit insgesamt 187 Plätzen. Der Hort an der Ubostraße 23 im städtischen Haus für Kinder mit 40 Plätzen. Und eben die Kita Luna an der Aubing-Ost-Straße 66, die ein gruppenübergreifendes Konzept hat. Dort werden es laut dem stellvertretenden Einrichtungsleiter Sebastian Schweiger etwa zehn Grundschüler sein, die unterkommen. Genau kann er das noch nicht abschätzen, "das hängt davon ab, wie viel Personal wir dann haben", sagt er.

Eingeschaltet hat sich mittlerweile auch die Politik, Aubings Stadtteilvertreter und ÖDP-Stadtrat Johann Sauerer unterstützen die Forderung der Eltern, Horte nicht einfach zu schließen, ohne vorher den Bedarf abzuklären. "Wir brauchen im Stadtbezirk Betreuungsplätze für Kinder aller Altersstufen", erklärt der bildungspolitische Sprecher der ÖDP. "Zumal sich unsere Bevölkerungsstruktur in den nächsten Jahren stark verjüngen wird." Der Trend zumindest geht in die richtige Richtung: Im Mai 2019 lag der Versorgungsgrad mit Krippenplätzen im Viertel noch bei 44 Prozent, bis 2025 soll er aber auf 92 Prozent ansteigen. Ähnlich sieht die Prognose der Stadt bei der Versorgung mit Kindergartenplätzen aus: Waren es vergangenen Sommer noch 89 Prozent, werden es in fünf Jahren mehr als hundert Prozent sein. Bei den Grundschülern liegt die momentane Versorgung noch bei 79 Prozent. Doch auch dieser Wert soll sich verbessern; das Bildungsreferat schätzt, dass 2025 mehr als 90 Prozent der Erst-bis Viertklässler nachmittags betreut werden können.

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