Aubing/Lochhausen/Langwied:Szenario ohne Perspektive

Bezirksausschuss kritisiert den ersten Entwurf eines Verkehrskonzepts für das Stadtviertel

Von Ellen Draxel, Aubing

Seit Jahren fordern Aubings Bürger und Lokalpolitiker ein Verkehrskonzept für ihren Stadtbezirk. Ansonsten, fürchten sie, werde der Westen langfristig im Verkehr ersticken. Denn die Bodenseestraße ist schon heute morgens und abends regelmäßig verstopft, die S-Bahnen sind überfüllt - sofern nicht gerade Lockdown ist. Zugleich entstehen überall Neubaugebiete, allein nach Freiham werden in den nächsten 15 Jahren bis zu 30 000 Menschen ziehen.

Im November hat das Planungsreferat dem Bezirksausschuss (BA) Aubing-Lochhausen-Langwied daher den ersten Entwurf eines Verkehrskonzepts, erarbeitet vom Planungsbüro Inovaplan, präsentiert. Es impliziert ein ganzes Bündel an Maßnahmen, angefangen von Lösungsansätzen für den Straßenverkehr über Verbesserungsoptionen im öffentlichen Nahverkehr bis hin zu Ideen für eine Umgestaltung des Straßenraums. Doch abgesehen davon, dass die Vorschläge aus stadtteilpolitischer Sicht "eigentlich viel zu spät" kommen, zeigten sie, so die Kritik der Bürgervertreter, kein Szenario auf, die prognostizierte Verkehrszunahme um bis zu 50 Prozent bis 2035 gar nicht erst entstehen zu lassen.

Weder würden Ansätze diskutiert, den überörtlichen Verkehr zu reduzieren, beispielsweise durch eine optimierte Gestaltung von Park- and Ride-Plätzen auch in Bereichen außerhalb des Münchner Stadtgebietes. Noch seien Anstrengungen in Richtung einer höheren Akzeptanz des öffentlichen Nahverkehrs und des Radverkehrs gemacht worden, etwa durch eine Realisierung der U-Bahn nach Freiham vor 2035. Außerdem fehlten in der Analyse wichtige, teils schon angestoßene Projekte wie die Verkehrsanbindung von Freiham Richtung Norden oder das komplexe Thema einer Unterführung im Zuge der Brunhamstraße.

Aubing, Ecke Alto-/Limesstraße

Noch mehr Verkehr, wie teilweise für den Knotenpunkt Alto-/Limesstraße erwartet, wollen die Aubinger nicht.

(Foto: Florian Peljak)

"Schwerpunkt bei der Betrachtung", so das Stadtteilgremium in seiner Stellungnahme, müsse aber "das Prinzip Vermeidung von Durchgangsverkehr sein". Denn eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit des bestehenden Straßennetzes sei durch die existierende Bebauung "nur eingeschränkt möglich". Dabei zweifeln die Lokalpolitiker auch an, dass die Hauptursache des Verkehrs im Stadtbezirk Aubing-Lochhausen-Langwied, wie von Inovaplan kommuniziert, "Quell- und Zielverkehr" sein soll - also von den Bewohnern selbst verursachter Verkehr und kein Durchgangsverkehr. Schließlich hatte Ende 2017 eine Studie für Aubing noch den Durchgangsverkehr für 80 Prozent des Verkehrsaufkommens verantwortlich gemacht.

Zu dem Zweifel passt, dass aus Sicht der Stadtteilvertreter im neuen Konzept Verkehrsmengen-Daten für bestimmte Hauptachsen "nicht nachvollziehbar" sind. Beispiel Knotenpunkt Alto-/Limesstraße: Im Jahr 2019, erläutern die BA-Mitglieder, seien gemäß der Verkehrsmengenkarte der Stadt München an dieser Ecke 17 000 Fahrzeuge in 24 Stunden gezählt worden. Laut dem Prognose-Nullfall des vorgelegten Verkehrskonzepts sollen es dort 2035 dann aber nur noch 12 500 Fahrzeuge sein. In der Machbarkeitsstudie zu einer der vorgelegten Varianten wiederum habe der Gutachter für das Jahr 2030 die Menge von 20 000 Fahrzeuge innerhalb von 24 Stunden errechnet. All diese Zahlen, so die Aubinger, passten nicht zusammen.

Wie aber beurteilt das Stadtteilgremium die einzelnen, von Inovaplan zur Diskussion gestellten Maßnahmen? Klar ist für den BA, dass eine Verkehrszunahme auf 9000 Fahrzeuge pro Tag in der Eichenauer Straße, wie für das Jahr 2035 prognostiziert, "nicht hinnehmbar" ist. Da die Sperrung der Straße für den Autoverkehr, wie sie das Planungsbüro vorschlägt, aber auch Auswirkungen auf Puchheim und Gröbenzell haben würde, muss aus Sicht der Lokalpolitiker zunächst die Resonanz dieser Kommunen abgewartet werden. Bliebe zu überlegen, ob statt einer dauerhaften Schließung der Strecke auch temporäre Sperrungen oder eine Einbahnstraßenregelung möglich sein könnten.

Aubing, Eichenauer Straße

Die Eichenauer Straße könnte künftig für Autos gesperrt werden und nur noch für Fußgänger und Radler nutzbar sein.

(Foto: Florian Peljak)

Eine zweite Idee der Planer, die Anbindung der Lochhausener Straße an die Autobahn A 8, halten die Bürgervertreter zwar für entlastend, aber "nicht oder nur schwer durchsetzbar". Der Grund: Der notwendige Straßenneubau würde Naturschutz- und Siedlungsgebiete berühren. Auch das müsste man mit den Umlandgemeinden besprechen. Eine ins Gespräch gebrachte Unterführung zwischen der Alto- und der Lochhausener Straße hingegen lehnt der Bezirksausschuss wegen einer "erheblichen Verkehrszunahme" in der Altostraße ab, zumal die Maßnahme zu keiner wesentlichen Entlastung der Vestastraße und des Kleiberwegs führen würde. Verworfen wird außerdem eine Optimierung der Bodenseestraße auf Kosten der bestehenden Allee. Eine Umgestaltung des Straßenraums müsste man, so die Lokalpolitiker, "mit Bedacht" angehen: Insbesondere Parkraumverlagerungen führten schnell zur Verärgerung in der Bevölkerung.

Dagegen sollten Car-, Bike- und Scooter-Sharing-Angebote auf jeden Fall verbessert werden. "Dringend ausgebaut" gehört aus Aubinger Sicht zudem das Radnetz: "Weitere Verzögerungen", so die Stadtteilvertreter, "sind nicht hinnehmbar".

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