Süddeutsche Zeitung

Aubing:Großer Brückenschlag

Die Entscheidung für ein drittes sowie ein Platzhalter-Gleis am S 4-Westast erfordert zahlreiche Umplanungen

Von Ellen Draxel, Aubing

Die im März getroffene Entscheidung des Freistaats, den Ausbau der S-Bahnstrecke zwischen Pasing und Eichenau dreigleisig mit sogenannter voller Aufwärtskompatibilität für ein viertes Gleis zu realisieren, kostet nicht nur Geld - zusätzliche 35 Millionen Euro zu den geschätzten rund 660 Millionen Euro für das Gesamtprojekt. Der veränderte Auftrag verzögert auch die Umsetzung. "Mit drei Jahren Planungszeit" rechnet die Deutsche Bahn einer Sprecherin zufolge. Denn die Maßnahmen sind komplex: Neben dem Neubau eines dritten und dem Bau eines Platzhalters für ein viertes Gleis, neben Anpassungen bei Weichen, Oberleitungen und Signaltechnik sowie einer abschnittsweisen Errichtung von zwei bis vier Meter hohen Schallschutzwänden ist beabsichtigt, diverse Unter- und Überführungen an Kreuzungsstellen des Straßennetzes mit den Gleisen neu zu errichten oder umzugestalten.

Allein im Stadtbezirk Aubing-Lochhausen-Langwied sind so an sieben Stellen Änderungen vorgesehen. Das Baureferat hatte bereits Entwurfsplanungen erarbeitet, die Mitte Mai dem Bauausschuss des Stadtrats hätten vorgelegt werden sollen. Ziel war es, für die Verkehrsanlagen "Vorprojektgenehmigungen herbeizuführen". Im Herbst wollte die Deutsche Bahn dann die Planfeststellungsunterlagen zur S 4 West beim Eisenbahnbundesamt einreichen, der Baubeginn war für 2025 vorgesehen.

Jetzt aber sind Brückenbauwerke gänzlich neu zu dimensionieren, damit sie auch vier Gleise überspannen können. Der Bahnhof Puchheim ist davon besonders betroffen, aber auch die Stationen Leienfelsstraße, Aubing und Eichenau, die bestehenden Unterführungen an der Limes- und der Hellensteinstraße sowie zwei neu geplante Unterführungen nahe dem Freihamer Weg und beim Waldweg zwischen der A 99 und der Stadtgrenze sind involviert. "Baugrund, Umweltaspekte, Lärmschutz - all dies muss neu berechnet und beplant werden", so die Bahn-Sprecherin. Dabei werde "viel Abstimmung mit den Kommunen und mit Straßenbaulastträgern notwendig" sein.

Dass sich Bayerns Verkehrsministerin Kerstin Schreyer (CSU) auf Basis des Ergebnisses einer vom Freistaat in Auftrag gegebenen Machbarkeitsstudie zum Ausbau der S 4 West für eine "Aufwärtskompatibilität" auf vier Gleise entschieden hat, begrüßen Politiker aus München und dem Landkreis Fürstenfeldbruck ausdrücklich. Die Bürgerinitiative "S 4 Ausbau jetzt" wie auch der Bezirksausschuss Aubing-Lochhausen-Langwied hätten allerdings noch lieber sofort vier nutzbare Gleise gehabt. Denn nur dann, so die Lokalpolitiker, sei der öffentliche Nahverkehr im Westen "zukunftsfähig". Insbesondere der Zehn-Minuten-Takt, wie er derzeit schon in der Hauptverkehrszeit praktiziert wird, müsse "auch nach Fertigstellung der zweiten Stammstrecke sowie dem Ausbau der S 4 erhalten bleiben".

Bevor die Entscheidung Schreyers bekannt wurde, hatte das Baureferat bereits Planungen für die diversen Verkehrsanlagen entlang der Strecke erarbeitet. Ein Vorhaben beurteilten Aubings Bürgervertreter dabei besonders kritisch: den Tunnel an der Limesstraße. Der erste Entwurf zeigte eine fast 20 Meter breite Unterführung - deutlich "zu mächtig", wie der Bezirksausschuss monierte. "Klar, es gibt Vorgaben", meinte Karin Binsteiner (Grüne), Vorsitzende des Unterausschusses Verkehrsinfrastruktur. "Aber dieses Bauwerk steht mitten im Ort - und nicht irgendwo in der Prärie." Es gelte daher, die Auswirkungen auf die Anlieger und Aubings historischen Ortskern zu berücksichtigen. Derzeit ist die Unterführung nur acht Meter breit. Und die Limesstraße misst nur eine Breite von zwölf Metern. Gefordert wird deshalb nun eine "visuelle Darstellung der Unterführung" inklusive Ampelschaltung sowie Fuß- und Radwegen von der Aubinger bis zur Ubostraße. Zudem halten die Stadtteilvertreter einen Termin vor Ort mit Vertretern der Verwaltung für "unerlässlich".

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SZ vom 15.05.2021
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