Süddeutsche Zeitung

SZ-Serie: Wohl bekomm's:Die Städter und der Schorsch

Georg Schwaiger baut Obst und Gemüse für die Mitglieder des "Auergarden" an. Deren Beiträge sichern seine Existenz, im Gegenzug gibt es Bioqualität ohne Verpackungswahn.

Von Franz Kotteder

Klar, gelbe Rüben und einen Hokkaidokürbis kriegt man auch im Supermarkt, Kopfsalat und Lauch sowieso. Aber da ist dann kein Dreck mehr dran, und beim Wachsen hat man auch nicht höchstpersönlich mitgeholfen.

Wem dieser erste Absatz etwas schräg vorkommt, der kann mit solidarischer Landwirtschaft womöglich nicht allzu viel anfangen. Solidarische Landwirtschaft, das heißt: Menschen, vorwiegend Städter, tun sich zusammen und bewirtschaften mit Hilfe von Bauern Felder, Obstgärten und Gewächshäuser, um sich selbst mit Obst und Gemüse zu versorgen, in der Regel aus biologischem Anbau und mit der durchaus politischen Absicht, ein Zeichen zu setzen gegen industrialisierte Landwirtschaft und all die negativen Folgen, die sie so mit sich bringt. Angefangen bei weiten Transportwegen, weil das Gemüse für den Alltag beispielsweise aus Spanien kommt, und noch nicht beendet mit dem umfangreichen Einsatz von Pestiziden, um opulente Ernten zu sichern.

Die Lust am Selbstversorgen greift mittlerweile um sich, und inzwischen gibt es neben dem großen Kartoffelkombinat auch schon eine Reihe kleinerer Gruppen und Vereine, die auf eigene Rechnung Obst und Gemüse anbauen. Eine davon ist Auergarden hinter Freising, in dem kleinen Ort Haslach nahe Au in der Hallertau. Daher auch der Name - er ist also mehr als ein Wortspiel mit dem englischen Begriff "our garden".

2015 haben sich eine Handvoll Münchnerinnen und Freisingerinnen zusammengetan, um gemeinsam mit dem Bauer Georg Schwaiger, den alle nur Schorsch nennen, den Auergarden zu starten. Das war eine klassische Win-win-Situation, wie die Betriebswirtschaftler sagen. Denn der kleine Hof vom Schorsch hat nur sieben Hektar, "damit kann man nicht überleben", sagt er. Die Mitgliedsbeiträge der Auerländer aber bieten Sicherheit und finanzieren jeden Ernteausfall. Für das Geld bekommen sie ein Jahr lang Woche für Woche frisches Obst und Gemüse von bester Bioqualität, denn gespritzt wird im Auergarden natürlich nicht. Den jeweiligen Ernteanteil holen sich die Mitglieder am Montagabend bei der Ausgabestelle im Kreativquartier an der Dachauer Straße ab - unverpackt, denn den Verpackungswahnsinn der Supermärkte will man natürlich nicht mitmachen.

Mittlerweile belegt der Auergarden auf Schwaigers Hof drei Hektar, dazu gehören Gewächshäuser in Form von drei großen Folientunneln, ein Obstgarten mit 200 Apfelbäumen sowie diverse Felder. Um die 40 verschiedene Obst- und Gemüsekulturen findet man im Auergarden, zum Beispiel Gurken, Kürbis, Tomaten, Kräuter, Äpfel und Beeren, aber auch Seltenes wie Steckrüben und Palmkohl. Auf dem Gelände hat sich auch ein Hobbyimker mit seinen Bienen eingerichtet, es gibt also auch Honig. Die Auergärtner helfen den zwei angestellten Teilzeitgärtnern bei der Arbeit, und sie können auch auf dem Feld übernachten, wenn sie sich rechtzeitig anmelden: in der vereinseigenen Jurte nämlich.

Derzeit hat der Verein um die 80 Mitglieder, gut die Hälfte davon kommt aus München, der Rest aus Freising. Neumitglieder werden gerne aufgenommen; man zahlt etwa 80 Euro im Monat. Die Mitgliedsbeiträge werden gemeinsam bei einer Versammlung zum Jahresanfang festgelegt. "Wir sind da flexibel", sagt Jonas Posselt vom Vorstand, "auch wer gerade nicht so flüssig ist, kann mitmachen."

Die Möglichkeiten sind vielfältig, es gibt Fahrgemeinschaften aus der Stadt zum Acker und Untergruppen, die zum Beispiel Sauerkraut fermentieren. Oder sich um die Verwertung kümmern: Auf der Homepage www.auergarden.de finden sich neben Informationen über den Verein auch eine Reihe von Rezepten, etwa dieses zum aktuellen Ernteanteil:

"Mac and Cheese" mit Kürbis

Zutaten für vier Personen: 400 Gramm Makkaroni (oder andere Nudeln), 2-3 Knoblauchzehen, 400 Gramm Butternutkürbis, 100 Gramm Cashewmus, 3-4 Esslöffel Hefeflocken, ein halber Teelöffel Paprikapulver, 200 Milliliter Gemüsebrühe, Pflanzenöl zum Anbraten, Salz, Pfeffer, etwas gehackte frische Petersilie.

Zubereitung: Die Makkaroni nach Packungsanweisung bissfest kochen. Den Butternutkürbis schälen, in Stücke schneiden und in kochendem Wasser garen. Anschließend das Wasser abgießen. Die Knoblauchzehen hacken und in einer Pfanne kurz in Pflanzenöl anbraten.

Anschließend die gekochten Kürbisstücke mit Cashewmus, Knoblauch, Hefeflocken, Paprikapulver und Gemüsebrühe in einen Mixer geben und zu einer sämigen Soße pürieren. Bei Bedarf noch etwas Wasser hinzufügen. Nach Belieben mit Salz und Pfeffer würzen.

Die gegarten Nudeln gut mit der Soße vermischen. In einen tiefen Teller geben und mit etwas gehackter Petersilie bestreut servieren.

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Quelle:
SZ vom 03.12.2020/van
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