Au:Gewonnene Zeit

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(Foto: dpa)

Lesung aus Marcel Prousts Monumentalwerk

Ob die Zeit bis zum 11. Januar wohl reichen mag, sich endlich einmal einzulesen in das Werk, dem Bernd Jürgen Fischer immerhin zehn Jahre seine Lebens gewidmet hat? Fischer hat 2013 eine komplette Neuübersetzung von Marcel Prousts (Foto) "A la recherche du temps perdu" in sieben Bänden im Reclam-Verlag vorgelegt. Nun muss er sich messen lassen an Eva Rechel-Mertens Standard-Übertragung der "Suche nach der verlorenen Zeit", die 1953 im Suhrkamp-Verlag erschienen war.

"Mir fehlte ein ganz bestimmter Sprachklang, den ich aus der französischen Übersetzung gehört habe und in der deutschen eben so nicht gefunden hatte. Auf mich hatte Prousts Französisch nüchterner, schärfer konturiert gewirkt. Er nimmt auch keine Rücksicht auf den Leser, der Leser muss sich ihm anpassen und versuchen, ihm zu folgen, während Rechel-Mertens damals in den Fünfzigern, als man dem Leser halt noch nicht so viel zumuten konnte, doch arg viel Öl in das syntaktische Getriebe geträufelt hat, damit er ein bisschen leichter runtergeht", hat Bernd Jürgen Fischer über seine Neuübersetzung im Deutschlandfunk Kultur gesagt.

Auch für jene, die weder die neue noch die alte Version und schon gar nicht den französischen Original-Text so superb kennen, dass sie Vergleiche anstellen könnten, wird der Leseabend bei "Buch in der Au" am Donnerstag, 11. Januar, ein anregendes Vergnügen sein. Lorenz Kober nimmt die Neuübersetzung zum Anlass für eine Wiederlektüre des Monumentalwerks, zu dem Übersetzer und Linguist Fischer außerdem ein ziemlich hilfreiches Handbuch veröffentlicht hat. Darin erzählt er unter anderem über die Epoche, in der Proust lebte, über seine Familie, die Entstehung dieses unkonsumierbaren Buches. Fischer navigiert die Leser durch die Struktur des Werks, durch seine Publikations- und Rezeptionsgeschichte.

Unerlässlich für alle Kenner der "Suche", aber vor allem für jene, die sich bislang noch nicht heranwagten, ist auch das kommentierte Gesamtregister mit mehr als 3000 Haupteinträgen. Man erhält Hinweise zum Personal des Proust'schen Kosmos', zu fiktiven wie realen Figuren der Zeitgeschichte bis "hinunter" zu den unsichtbaren Bediensteten, immerhin sieben Kammerdiener und vier Kammerzofen.

Die Lesung in der Buchhandlung in der Au, Humboldtstraße 12, beginnt um 19.30 Uhr. Nähere Informationen gibt es unter Telefon 62 26 96 65.

© SZ vom 28.12.2017 / czg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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