Atomanlage Garching:Rostbelag im Reaktorbecken

Ein Gutachten hat schon 2006 verrostete Flächen in der Garchinger Atomanlage festgestellt - die Ursachen wurden bis heute nicht geklärt. Das Umweltinstitut befürchtet Reaktorstörungen.

Claudia Henzler

Für die Technische Universität München (TU) ist der Forschungsreaktor in Garching ein Vorzeigeprojekt. Doch trotz des Hightech-Images sind zentrale Teile des Reaktors offenbar rostanfällig. Im Jahr 2006, nur drei Jahre nach Inbetriebnahme des Forschungsreaktors FRM II, war im Reaktorbecken ein Rostbelag zu sehen, dessen Ursache sich die Betreiberin TU nicht erklären konnte. Das Umweltinstitut München und die Grünen im Landtag vermuten, dass das Problem nach wie vor besteht. Die Technische Universität bestätigt zwar "eisenhaltige Beläge", bestreitet aber, dass das Reaktorbecken dadurch angegriffen wird.

Die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM), die 2006 von der TU beauftragt worden war, die Korrosionserscheinungen zu untersuchen, fand damals nicht heraus, wodurch die rostigen Beläge im Reaktorbecken verursacht wurden. Das interne Gutachten der BAM vom 27. Juli 2006, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, stellt fest, dass es sich bei dem bräunlichen Belag im Reaktorbecken um Rost handelt: Eisen- und Chromoxide. Das Umweltinstitut München, ein Verein, der unter dem Eindruck des Tschernobyl-Unglücks gegründet wurde und der den Forschungsreaktor von jeher kritisch begleitet, vermutet, dass im FRM II minderwertiges Material verwendet wurde.

Fragen zum BAM-Gutachten beantwortete die TU mit einer kurzen Stellungnahme, ohne auf das Gutachten selbst einzugehen. Die Rede ist lediglich von "im oberen Bereich des Reaktorbeckens erkennbaren rötlichen Verfärbungen". Aus der Stellungnahme lässt sich immerhin schließen, dass dieses Phänomen noch immer auftritt.

Die Landtagsgrünen fordern nun Aufklärung darüber, seit wann das Problem dem bayerischen Umweltministerium bekannt ist und warum die Öffentlichkeit nicht informiert wurde. Laut TU-Sprecher Andreas Battenberg ist das BAM-Gutachten dem Ministerium bekannt. Das Umweltministerium selbst antwortete nicht auf eine Anfrage der SZ.

Die Grünen sehen einen Zusammenhang zwischen dem Korrosionsbefund von 2006 und einer Störmeldung vom Februar 2011. Damals teilte die TU mit, dass zwei Armaturen im Schwerwasserkühlkreislauf angerostet waren und gegen neue aus einem korrosionsbeständigeren Material ausgetauscht werden sollten. Umweltminister Markus Söder hatte auf eine Anfrage der Grünen dazu geantwortet, ihm sei aus den vergangenen Jahren lediglich ein weiterer Korrosionsfall bekannt: In einem der beiden Feuerlöschsysteme sei wiederholt Rost aufgetreten. Laut TU besteht kein Zusammenhang zwischen den Korrosionsbefunden, da das Schwerwasserkühlsystem keine Verbindung zum Reaktorbecken habe.

Welche Auswirkungen Eisen- und Chromoxide auf den Betrieb haben können, ist umstritten. Laut TU haben mehrere Gutachter bestätigt, "dass diese Verfärbungen sicherheitstechnisch unbedenklich sind" und weder die Dichtheit noch die Integrität oder Standsicherheit des Beckens oder der Einbauten in irgendeiner Weise beeinträchtigen".

Das Umweltinstitut München hält die Korrosion dagegen für gefährlich. Die im Wasser gelösten, mikroskopischen Rostpartikel wirken nach Ansicht von Karin Wurzbacher, "wie Schmirgel". Die Physikerin befürchtet, dass Kühlpumpen versagen könnten, Schnellabschaltstäbe verklemmen und die Funktion von Steuerventilen eingeschränkt werden könnten. Für Wurzbacher könnten mehrere Störfälle der vergangenen Jahre im Zusammenhang mit Korrosion stehen.

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