Arena in Fröttmaning:Überrollt von Fußballfans

Lesezeit: 3 Min.

  • Der FC Bayern darf seine Zuschauerränge für eine Testphase bis zum Ende der Bundesliga-Rückrunde Ende Juli um knapp 4000 Plätze auf 75 000 aufstocken.
  • Bei den Menschen im Münchner Norden sorgt das für Ärger: Sie fürchten ein Vielfaches mehr an Verkehr und Lärm.
  • Stadt und FC Bayern halten dagegen, dass der eingeführte Shuttle-Service die Umgebung entlaste.

Von Stefan Mühleisen, Freimann

Die Menschen im Münchner Norden sind Ungemach gewohnt. Seit Jahrzehnten erdulden sie, dass in Freimann und Fröttmaning alles, was stinkt und lärmt, bei ihnen abgeladen wird: eine riesige Kläranlage, ein Autobahnkreuz, ausufernde Gewerbegebiete - und ein Fußballstadion, das regelmäßig Tausende Menschen in die Wohngebiete schwappen lässt. Obendrein ist seit Ende Januar der Menschenstrom noch ein bisschen angeschwollen: Der FC Bayern darf seine Zuschauerränge für eine Testphase bis zum Ende der Bundesliga-Rückrunde Ende Juli um knapp 4000 Plätze auf 75 000 aufstocken.

Politiker im Stadtviertel empfanden das als Zumutung, was sie auch deutlich artikuliert haben. Geradezu bodenlos finden es einige jetzt, dass die Stadt ihre Argumente nicht ernst nehmen mag. "Das ist eine Beleidigung dieses Gremiums", zürnte Bernhard Dufter (Grüne) in der Sitzung des Bezirksausschusses. Eine Mehrheit im Gremium teilte seinen Zorn - und lehnte die Erweiterung des Stadions erneut ab.

Ein Stadtviertel fürchtet den Ausbau

Nun sind beim Fußball emotionale Reaktionen nichts Ungewöhnliches; in diesem Fall dürften sie aber Ausdruck einer dauerhaften Kränkung sein. Die Stadt, so die verbreitete Auffassung im Münchner Norden, nehme sich die Freiheit, hier alles, was sie nicht haben will, abzukippen. Aber geben will sie uns nichts dafür, heißt es - und unsere Probleme will sie auch nicht hören. Das gelte auch bei den zusätzlichen Plätzen in der Arena. "Die Begründung ist lückenhaft, ein Freifahrtschein für den Ausbau der Allianz-Arena, obwohl nicht klar ist, ob der Shuttle-Verkehr Entlastung schafft", grollte Dufters Fraktionskollege Ekkehard Pascoe.

Der Grund für den Groll: Die Stadt ist der Auffassung, dass die Stadion-Erweiterung verträglich abgewickelt werden kann, der Großteil des Stadtviertelgremiums glaubt das nicht. Die Stadt stützt sich dabei auf ein Verkehrsgutachten - das die Bürgervertreter als "schön gerechnet" abtaten. Die Expertise geht von 900 Fahrzeugen aus, die während eines Spiels in den umliegenden Siedlungen abgestellt werden, BA-Politiker und Freimanner Bürger sagen: Es sind viel mehr.

Fußball-Arena in Fröttmaning
:Neue Nummer zwei in Deutschland

Per Shuttlebus zum FC Bayern: Der Verein will Fans auf eigene Kosten nach Fröttmaning bringen und so den Weg freimachen für eine Erweiterung seiner Arena auf 75 000 Plätze. Damit dürfte sie bald zum zweitgrößten Stadion in Deutschland werden.

Von Stefan Mühleisen

Das Planungsreferat hat dem Gremium nun schriftlich mitgeteilt, dass es die Einwände nicht beherzigen wird. "Nach Einschätzung aller am Genehmigungsprozess beteiligten Fachleute dürfte nach der nunmehr erfolgten Erhöhung der Zuschauerzahl auch für die umliegenden Wohngebiete keine nennenswerte Erhöhung des Such- und Parkverkehrs zu erwarten sein", heißt es in dem Schreiben der Behörde, das die zornigen Reaktionen ausgelöst hat.

Shuttle-Service wird besser angenommen - sagt der FC Bayern

Eine wesentliche Voraussetzung für die Genehmigung war und ist der von Pascoe erwähnte Shuttle-Service. Der FC Bayern muss auf eigene Kosten an der Donnersbergerbrücke Busse bereit stellen, die Fans kostenlos zur 13 Kilometer entfernten Arena fahren. Die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) hatte davon ihre Zustimmung abhängig gemacht; das gesamte U-Bahn-Netz - vor allem aber die Linie U 6 - seien dem Andrang nicht gewachsen, hieß es.

Anfangs klappte der Shuttle-Service nur bedingt. Beim Bundesligaspiel am 27. Februar nutzten nur 400 statt der anvisierten 2000 Fans das Bus-Angebot. Nach Angaben des FC Bayern waren es jedoch bei den Spielen gegen Schalke und Braunschweig bereits jeweils 800, beim Champions-League-Match gegen Schachtjor Donezk bereits 1600 Mitfahrer. "Die kontinuierliche Steigerung zeigt, dass das Angebot angenommen wird", sagt Markus Hörwick, Sprecher des FC Bayern. Nach seinen Worten sind acht Gelenkbusse im Einsatz, die bis zu 100 Personen aufnehmen können. "Es funktioniert", sagt Hörwick.

Kommunikation ist noch "ausbaufähig"

Das will die MVG zwar nicht unterschreiben, ist aber mit der Tendenz zufrieden. "Unsere bisherige Bilanz zeigt, dass die Akzeptanz wächst", teilt ein MVG-Sprecher mit. Als "ausbaufähig" wird aber noch die Kommunikation gesehen. Vielen Fahrgästen sei noch unklar, wann die Busse fahren, so der MVG-Sprecher. Deshalb solle der FC Bayern die Fahrplandaten der Busshuttles mitteilen, damit sie den Nutzern per elektronischer Fahrplanauskunft zur Verfügung gestellt werden könnten. Die Abstimmung mit dem Verein laufe bereits. Einen "Freifahrtschein" sieht die Stadt dadurch indes keinesfalls ausgestellt. "Es gibt keine Garantie, dass es eine dauerhafte Genehmigung geben wird", sagt Thorsten Vogel vom Planungsreferat. Man müsse die Testphase abwarten. Bislang seien jedoch keine Probleme bekannt geworden. Seine Behörde, so versichert der Sprecher, werde bis Ende Juli weitere Verkehrszählungen durchführen.

Die Mehrheit im Bezirksausschuss wird das wohl nicht überzeugen. Doch es gibt auch andere Stimmen. "Manche trauen dem Frieden nicht", zeigt der Vorsitzende Werner Lederer-Piloty (SPD) Verständnis. Doch er fügt hinzu: "Ich halte die Einschätzung der Stadt für schlüssig und seriös."

© SZ vom 07.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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