Süddeutsche Zeitung

ARD-Musikwettbewerb:Eindruck mit viel Ausdruck

Bei den Finalen Horn und Gesang sind sich Jury und Publikum jeweils einig - erste Preise gehen an den Hornisten Pascal Deuber und die Sopranistin Anastasiya Taratorkina.

Von Klaus Kalchschmid und Paul Schäufele, München

Letzte Runden beim ARD-Musikwettbewerb: Beim Horn-Finale erspielte Pascal Deuber sich den ersten Preis sowie die Publikumsprämie - so wie auch Anastasiya Taratorkina beim Finale Gesang.

Harmonie beim Horn

Edlen und schwermütigen Charakter hat Hector Berlioz dem Horn in seiner Instrumentationskunde zugeschrieben. Richard Strauss hat dieses Buch zwar geschätzt und auch dessen Neuausgabe besorgt, doch seine Hornkonzerte lassen noch ganz andere Eigenschaften des Instruments entdecken, besonders wenn so unterschiedliche Musiker den Solo-Part übernehmen wie beim Finale des ARD-Wettbewerbs. Yun Zeng etwa schaffte es, dem mäandernden Kopfsatz von Strauss' zweitem Hornkonzert Struktur und Zusammenhalt zu verleihen, ohne dabei auf die feine Ausarbeitung des klangfarblichen Potenzials zu verzichten. Vor allem die strahlend gespannten Kantilenen überzeugten, während die schnellen Spielfiguren manchmal dumpf, verhuscht vorüberzogen und dabei die ein oder andere falsche Note mitnahmen. Das spielt letztlich keine Rolle angesichts des Sinns für die Dramaturgie des Stücks, weshalb wohl Yun Zeng mit dem zweiten Preis ausgezeichnet wurde und nicht Ivo Dudler. Der Schweizer bahnte sich seinen Weg durchs Werk mit vorzüglicher Technik, bei der alle schnellen Passagen in bestem Parlando zu vernehmen waren.

Doch in puncto Klangfarbenphantasie und Ausdrucksvermögen machte den größten Eindruck Pascal Deuber, der sich nicht nur den ersten Preis erspielte, sondern auch die Publikumsprämie. Diese Harmonie von Publikum und Jury kommt nicht allzu häufig vor, doch hier hätte alles andere für Verblüffung gesorgt. "Es hat keinen Krieg bei der Entscheidung gegeben", versicherte auch die Jury-Vorsitzende Frøydis Ree Wekre. Bei Deuber, immerhin Solohornist des Bayerischen Staatsorchesters, wurde die opernhafte Anlage des Stücks hörbar. Freien, rezitativisch geprägten Passagen folgten warm gesungene Melodien; allein der Einsatz des Solos im zweiten Satz wurde durch Deubers Tonqualität zum Ereignis, ehe das Finale mit eulenspiegelhaftem Witz ein Ausrufezeichen hinter dieser Aussage einforderte: Deuber kann was!

Viele preisverdächtige Kandidaten beim Gesang

Selten gab es so viele preisverdächtige Kandidaten beim ARD-Musikwettbewerb im Finale Gesang wie dieses Jahr. So war die Entscheidung der Jury goldrichtig, einen ersten und gleich drei dritte Preise zu vergeben.

Als Letzte sang Anastasiya Taratorkina. Und da stimmte einfach alles mit einem phänomenal flexiblen, kostbaren Sopran: Jede Geste und jede kleine Phrase der schnippischen Norina aus Donizettis "Don Pasquale", der tödliche Schmerz von Mozarts Pamina und das genauso vermeintlich vergeblich um die große Liebe Ringen der Anne Trulove aus Strawinskys "The Rake's Progress". Dafür waren der erste und der Publikumspreis mehr als verdient.

Als erste der dritten Preisträger sang im Prinzregententheater, wie alle vom hervorragenden Münchner Rundfunkorchester unter Matthias Foremny begleitet, die Mezzosopranistin Valerie Eickhoff: Dem erschütternd verstörten Sesto Mozarts ("Parto, ma tu ben mio") folgte ein wunderbar schlicht ergreifendes "Erbarme dich" aus der Matthäus-Passion und als fulminanter Kontrast die virtuose Kavatine der Rosina aus Rossinis "Barbiere".

Bariton Jeongmeen Ahn aus Südkorea räumte danach nicht nur mit brillant kernigem Figaro Rossinis und dem wilden Eifersuchts-Furor des Ford aus "Falstaff", ab sondern gestaltete vor allem ungemein innig die nächtliche Szene des Billy Budd aus Brittens gleichnamiger Oper, der in der Nacht vor seiner Hinrichtung Abschied vom Leben nimmt. Nicht minder berührend und trostvoll war Julia Grüter mit Mendelssohns "Höre, Israel" aus dem "Elias" und der innigen Trauer im "Piangerò" der Cleopatra aus Händels "Giulio Cesare". Überragend gestaltete sie Fiordiligis Felsenarie aus "Così fan tutte", wie auch schon 2018 fulminant auf der Bühne der Nürnberger Oper.

Leider sang die Finnin Lida Antola nicht ganz auf dem hervorragenden Niveau der Vorrunden, hatte mit Puccinis Mimi und der Elvira ("Don Giovanni") kaum das richtige Repertoire gewählt, überzeugte aber mit der Juwelenarie der Marguerite ("Faust"). Trotzdem ging sie leider leer aus.

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