Wer Filme macht, muss viele Entscheidungen treffen – nicht nur im Entstehungsprozess, sondern auch beim Herausbringen: Kino, Fernsehen oder Streaming? Premierenfeiern oder Festivaltouren? Plakate, Flyer oder Trailer? Die Köpfe hinter „Sep Ruf – Architekt der Moderne“ haben all diese Entscheidungen schon getroffen, ihre Strategie klingt plausibel: Der Dokumentarfilm über den Architekten Franz Joseph „Sep“ Ruf hat am 3. April seine Weltpremiere bei den Architekturfilmtagen im Filmmuseum München.
Damit schlagen sie mehrere Fliegen mit einer Klappe: Zum einen findet die Erstaufführung in Rufs Heimatstadt statt, kann also auf Lokalkolorit setzen. Zum anderen bietet ein Festival über Architektur natürlich den richtigen Rahmen für ihren Film. Hier wird er von einem architekturaffinen Publikum gesehen (bevor er im Juli regulär in den Kinos anläuft). Wer sich mit der Münchner Stadtgeschichte beschäftigt, kennt den Namen Sep Ruf.
Der 1982 im Alter von 74 Jahren verstorbene Architekt schuf die Neue Maxburg in der Innenstadt, das US-Konsulat am Englischen Garten, die Kirche St. Johann von Capistran in Bogenhausen oder das Ensemble im Tucherpark. Seine Bauten wirken leicht und mitunter sogar schwebend, sie prägen in ihrer schlichten Eleganz bis heute das Stadtbild. Auch in Nürnberg (Akademie der Bildenden Künste), Brüssel (Deutscher Pavillon zur Weltausstellung 1958) oder Bonn (Kanzlerbungalow) hinterließ er architektonische Spuren.
„Sep Ruf – Architekt der Moderne“ ist ein Film über einen Münchner von einem Münchner: Regisseur Johann Betz produziert Image- und Werbefilme, nebenbei lehrt er Architekturfilm an der Hochschule München. Das sieht man seinem Ruf-Film an: Die Kamera schwebt an den Fassaden entlang, die Gebäude zeigen sich von ihren schönsten Seiten, mitunter auch in Splitscreens.
Hinzu kommen viele „Talking Heads“, Experten und Wegbegleiterinnen also, die Ruf noch kannten oder die in seinen Wohnhäusern in Grünwald oder am Tegernsee leben. Auch der SZ-Architekturkritiker Gerhard Matzig kommt zu Wort. Doch Sep Ruf hatte nicht nur Fans: „Ich weiß nicht, welcher Architekt den Bungalow gebaut hat, aber der verdient zehn Jahre“, sagte etwa Altbundeskanzler Adenauer über den von seinem Nachfolger Ludwig Erhard in Auftrag gegebenen Kanzlerbungalow.

In Architekturfilmen geht es oft um Aufbruch und Veränderung, um kühne Pläne und den Kampf um deren Realisierung. So etwa in King Vidors 1949 entstandenem Spielfilm „The Fountainhead“, in dem Gary Cooper einen an Frank Lloyd Wright angelehnten Architekten spielt, der sich mit seinen visionären Ideen gegen die Konventionen seiner Zeit durchsetzt. Um ein Haus, das nie gebaut wurde, geht es in Julie Pfleiderers „Das Retirée or The last house of my father“: Die Filmemacherin spricht mit ihrem Vater, dem pensionierten Architekten Karlhans Pfleiderer, über sein Traumhaus, dieses nimmt in Skizzen, auf Transparentpapier und als maßstabsgetreues Modell Gestalt an. Die Regisseurin wird ihren Film persönlich im Filmmuseum vorstellen.

Architekt Sep Ruf:Leichter wohnen
Der Münchner Architekt ist bekannt für seine modernen Bauwerke der Nachkriegszeit - mit ihnen prägte er das Stadtbild. Trotzdem sollte ein Haus in Grünwald verschwinden.
Im irischen Film „Making Dust“ wird weder geplant noch gebaut, sondern abgerissen: Die zweitgrößte Kirche des Landes, die Church of Annunciation in Dublin, wird Stein für Stein abgetragen. Der Film markiert einen Bruch in der irischen Geschichte: Was macht man mit Gebäuden, die nicht mehr gebraucht oder gewollt werden? Nicht mehr gebraucht können sich auch Menschen fühlen, die Häuser bauen: Im erst kürzlich mit drei Oscars ausgezeichneten Monumentaldrama „The Brutalist“ geht es um einen im Dessauer Bauhaus ausgebildeten Architekten (Adrien Brody), der 1947 aus Ungarn nach Amerika kommt. Dort baut er einen verstaubten Lesesaal in eine moderne Bibliothek um und plant ein extravagantes Kulturzentrum. Seine persönlichen Probleme werden immer größer, die Baustelle allerdings auch. Denn auch wer baut, muss entscheidungsstark sein.
Architekturfilmtage, Donnerstag, 3., bis Samstag, 12. April, Filmmuseum, St.-Jakobs-Platz 1