Architektur:Gasteig, die Zweite

Architektur: Ganz neue Einblicke: So könnte der Gasteig nach der Generalsanierung einmal aussehen. Simulation: Henn

Ganz neue Einblicke: So könnte der Gasteig nach der Generalsanierung einmal aussehen. Simulation: Henn

Wer bekommt den Auftrag zur Generalsanierung des Kulturzentrums? Der Stadtrat muss nach einer Panne erneut abstimmen - was an der Entscheidung für das Büro Henn aber offenbar nichts ändert

Von Heiner Effern

Die monatelange Misere um die Vergabe der Gasteig-Sanierung soll an diesem Mittwoch ein Ende finden. Dann soll der Stadtrat in nicht öffentlicher Sitzung entscheiden, dass auch im zweiten Anlauf das Münchner Architekturbüro Henn den Planungsauftrag erhält. So schlägt es der Aufsichtsrat des Kulturzentrums vor, der sich bereits auf den Entwurf festgelegt hat. Wie aus dem Stadtrat zu hören ist, wird er diesen Vorschlag wohl bestätigen. Der erste Beschluss des Gremiums war von der Vergabekammer Südbayern im Januar wegen Verfahrensmängeln einkassiert worden. Diese Panne führte zu einer achtmonatigen Verzögerung der Sanierung, was die veranschlagten Kosten von knapp einer halben Milliarde Euro nochmals nach oben treiben dürfte.

Offiziell bestätigen will die anvisierte Vergabe der Planung an das Büro Henn vor der Entscheidung im Stadtrat niemand, zu groß ist die Sorge, dass das Verfahren ein zweites Mal vor der Kammer landet. Der erste Anlauf war unter anderem deshalb gescheitert, weil die drei Sieger des Architektenwettbewerbs öffentlich bekannt gegeben wurden. Dieser war damit formal beendet, ein neues Vergabeverfahren hätte beginnen müssen. Doch der Gasteig verfuhr weiter, als ob man sich noch im Wettbewerb befände. Die beiden nicht berücksichtigten Büros Auer und Weber aus München sowie Wulf aus Stuttgart hatten dies gerügt und Recht bekommen.

Die Gasteig GmbH startete nun ein neues Verfahren, das die von der Vergabekammer geforderten nachvollziehbaren Kriterien in den Vordergrund stellen sollte. Das Büro Auer und Weber stieg Anfang Mai aus, weil die architektonischen Entwürfe nun völlig ausgeblendet werden sollten. "Ausschließlich der Preis, der Personalaufwand, die Qualifikation des Projektteams sowie Konzepte zur Einhaltung der Kostenobergrenze und zur Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen" seien ausschlaggebend, hieß es in einer Mitteilung des Büros. Da sich zudem bereits im Vorfeld der Entscheidung einer der Alt-Architekten des Gasteig, die die Urheberrechte an dem Bau besitzen, für Henn ausgesprochen habe und dieses Büro auch im Vorfeld schon für die Stadt im Gasteig tätig gewesen sei, könne von fairen Wettbewerbsbedingungen keine Rede sein. Damit verblieb als letzter Konkurrent im Vergabeverfahren das Büro Wulf aus Stuttgart. Die Vergabe der Sanierung eines der größten Kulturzentren Europas geriet für die Stadt aber auch deshalb zur Blamage, weil sie immer wieder politisch ins Feuer geriet.

Die SPD im Stadtrat griff schon vor der ersten Vergabe 2018 die Gasteig GmbH und den damaligen Aufsichtsratschef, Bürgermeister Josef Schmid (CSU), öffentlich scharf an, weil der Umgang mit den Urheberrechten der Alt-Architekten nicht geklärt sei. Schmid kandidierte zu dieser Zeit für den Landtag und kritisierte dies als billiges Wahlkampfmanöver. Die Rolle der Altarchitekten wurde zum großen Thema, weil in der Folge einer von ihnen öffentlich eine Präferenz für den Henn-Entwurf erkennen ließ. Auch die Verantwortlichen des Gasteig sollen diese Pläne präferiert haben, was dem anschließenden Beschluss für Henn einen Beigeschmack verlieh.

Als diese Vergabe für ungültig erklärt wurde, sorgte erneut die SPD für Aufsehen. Sie wandte sich von der ohnehin nie sehr geliebten Generalsanierung des Kulturzentrums ab und fordert nun eine Basis-Sanierung, die aber auch noch etwa 300 Millionen Euro kosten dürfte. Das Verfahren, das nun doch an diesem Mittwoch zur Abstimmung kommt, sei aus ihrer Sicht "gescheitert", hieß es damals aus der Fraktion. Einzig der neue Konzertsaal im Gasteig solle kommen wie geplant, im Übrigen solle nur das Gebäude ertüchtigt werden. Ihr eigener Kulturreferent, Hans-Georg Küppers, nannte dies "suboptimal". Die Stadt werde nach einer solchen Sanierung über ein Kulturzentrum verfügen, das den Bedürfnissen "der 1970er- und 80er-Jahre" entspreche. Küppers warb im Kulturausschuss für eine neue Bibliothek und eine moderne Volkshochschule.

Diese werden nun aller Voraussicht nach auch realisiert, denn schon vor dem endgültigen Beschluss hatten sich CSU, Grüne und auch die Bayernpartei für die Generalsanierung ausgesprochen. Das sollte für eine Mehrheit im Stadtrat reichen, auch wenn neben der SPD die FDP dagegen stimmen sollte. Sie zieht einen kompletten Neubau des Gasteig vor.

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