Der Architekt David Chipperfield.
(Foto: Robert Haas)Auf den Computerskizzen, die das Büro Chipperfield der Süddeutschen Zeitung zur Verfügung gestellt hat, ist zu erkennen, wie großzügig sich der Architekt den Platz vor dem Gebäude vorstellt - und dass in der Folge wohl eine neuerliche Diskussion um den maroden Altstadttunnel entbrennen wird. Der spuckt schließlich direkt vor dem Haus seine Autokolonnen aus.
Sehr viel weniger wird die Gemüter erregen, was Chipperfield für das Innere des Gebäudes im Sinn hat. Die Ausstellungsräume seien in ihrem Zuschnitt ohnehin ideal, "das belegt schon allein die Begeisterung vieler Künstler, die dort ihre Arbeiten zeigen", sagt er. Eine entscheidende Neuerung schlägt Chipperfield aber für den Westtrakt vor. In dessen großem Hauptsaal soll eine Wechselbühne etabliert werden, die vielseitig bestuhlt und genützt werden kann: für Vorträge, Performances, Theateraufführungen, kurz für alles, was der Direktor des Hauses der Kunst, Okwui Enwezor, unter einer inhaltlichen Öffnung der aktuellen Bildenden Kunst versteht. "Die Rückgewinnung des Westflügels ist eine große Chance", sagt Ludwig Spaenle dazu. "Denn wer fliegen will, braucht zwei Flügel! Und was für diesen Trakt geplant ist, steht ganz im Gegensatz zu dem Ungeist, in dem das Haus entstanden ist."
Im Inneren wird die Öffnung, ja die neue Transparenz des alten Klotzes wohl in der Mittelhalle am offenkundigsten geraten, sofern Chipperfield sich durchsetzt. Dann würde man in Zukunft vom Eingang aus bis in den Terrassenraum und weiter in den Englischen Garten blicken können. Ebenso will der Architekt die umliegende Galerie wieder sichtbar und zugänglich machen.
Auch andere Räume, die derzeit für die Öffentlichkeit gar nicht zu betreten sind, will Chipperfield bespielbar machen. Die Büros der Verwaltung, die zur Prinzregentenstraße hin liegen, sollen umgewidmet werden und vermietet, zum Beispiel an die Kunstbuchhandlung und kleine Galerien. Ein Raum der bisher ebenso im Verborgenen schlummert, liegt im Grundriss spiegelbildlich zur "Goldenen Bar". Auch der sei ideal für ein Restaurant, das dann einen direkten Zugang zur Terrasse erhalten könnte.
Die Terrasse präsentiert sich derzeit noch mehr oder weniger als Steinplattenwüste. Ludwig Spaenle erinnert sich allerdings, dass auch sie früher schon kreativer genutzt worden ist: "1972. Auf dem Balkon zum Englischen Garten gab es damals einen Anbau für eine große Ausstellung über Olympia und die verschiedenen Kulturen. Das war mein allererster Besuch im Haus der Kunst. Damals war ich elf Jahre alt." Dass sich seither im äußeren Bereich des Hauses so wenig getan hat, sieht er als peinliches Versäumnis.
Besonders im Vergleich zu Städten wie Nürnberg, die schon viel früher offensiv mit ihrer NS-Vergangenheit umgegangen seien, und 15 Jahre vor München ihr NS-Dokuzentrum hatten: "In München hat man sich immer gern hinter seinem Prinzip vom ,Leben und leben lassen' versteckt. Zu allem, was die NS-Zeit anbelangt, pflegte man hier lieber gemütlich ein Schweigekartell. Über alle Parteien hinweg!" Und so ein Mantel des Schweigens ist bekanntlich der große Bruder von Vorhängen aller Art. Zieht man die weg, könnte es noch mal laut werden in München.