Arbeiten im Club:Der Herr der Jacken

Garderobenmensch, Garderobier Nebyou Alias im Club Bobbeaman, Gabelsbergerstr 4

Nebyou Alias an seinem Arbeitsplatz, an dem jeden Abend viele Menschen vorbeikommen, auf dem Weg zur Tanzfläche oder für einen Plausch.

(Foto: Florian Peljak)

Nebyou Alias mag seinen Job an der Garderobe des Clubs Bob Beaman - auch wenn er manchmal harsch werden muss.

Von Laura Kaufmann

Nebyou Alias mag seinen Job im Sommer lieber. Dann ist der Andrang an der Garderobe nicht so stark, und die Gäste tragen nicht zwei Jacken übereinander und verhandeln, ob die und noch ein Schal dazu nicht alle auf einen Bügel passen würden, um Geld zu sparen. "Was ich im Winter gelernt habe, ist weniger höflich zu sein", sagt Nebyou Alias.

Man kann sich das schwer vorstellen, so wie er jetzt mit den Gästen des Clubs Bob Beaman scherzt. Aber im Winter reißt er im Akkord Zettel ab und hängt Jacken auf. "Am Anfang bin ich noch naiv an die Sache rangegangen und dachte, auch mit Besoffenen könne man vernünftig reden. Aber das habe ich mir abgewöhnt. Kurze, schnelle Anweisungen funktionieren da besser." Seine Freundin habe ihn im Winter mal besucht, sagt der 24-Jährige, und "Was, ich kenn' dich gar nicht so!" gesagt.

Jetzt, im Sommer, ist sein Job entspannter. Und Nebyou Alias sitzt gern an der Garderobe. "Die Bar hat vielleicht mehr Prestige, aber das ist mir egal." Der Job an der Garderobe war eben zu haben, und er hat einen gebraucht. Die Nacht durchzuarbeiten fällt ihm nicht zu schwer. Wenn er müde wird, helfen Energydrinks. "Meine Eltern hatten beide auch schon Nachtjobs, meine Mutter am Flughafen, mein Vater hat in der Bar des Bayerischen Hofs gearbeitet."

Wenn du nur wüsstest, sagten die beiden gern, und irgendwann wollte es der Sohn dann wissen. Für den Politikwissenschaftsstudenten ist es ein guter Nebenverdienst. Manche Gäste lassen auch bei ihm Trinkgeld, nicht nur an der Bar. Gäste, die sagen, sie hätten selbst mal an der Garderobe gejobbt. Leute, die einen Zwanziger auf den Tisch knallen und zur Tanzfläche stürmen, ohne auf ihr Rückgeld zu warten.

Natürlich gibt es auch die, die wegen den zwei Euro, die die Garderobe kostet, maulen und dann ihre 500-Euro-Jacke über den Tisch reichen. Aber die meisten Gäste, sagt Nebyou Alias, sind außerordentlich nett.

Er hat sie alle im Blick. Seine Garderobe ist günstig gelegen. Sie strömen an ihm vorbei auf die Tanzfläche, sie kommen an ihm vorbei, wenn sie draußen eine rauchen, an lauen Abenden stehen sie vor ihm draußen auf der kleinen Terrasse. Die Eingangstür liegt gegenüber, links von ihm führt ein Gang auf die Tanzfläche.

Die Nacht beginnt spät im Bob Beaman. Meistens ist die Tanzfläche erst gegen ein, zwei Uhr voll mit schwitzenden, zuckenden Körpern. Die meisten wissen das und kommen nicht vor Mitternacht, wenn Alias' Schicht beginnt. Die ersten, die an der Tür stehen, sind meist Touristen. "Die sind von Zuhause gewohnt, dass es früher losgeht."

Geschlafen wird erst am Nachmittag

Garderobenmensch, Garderobier Nebyou Alias im Club Bobbeaman, Gabelsbergerstr 4

Der Zettelblock begleitet Nebyou Alias durch den ganzen Abend. Inzwischen hat er einen Blick für Gäste, die Gefahr laufen, ihre Zettel zu verlieren.

(Foto: Florian Peljak)

Manchmal kommen sie dann zurück von der Tanzfläche zum Garderobenmann, um zu quatschen. Überhaupt tun das erstaunlich viele. Manche meinen, Nebyou Alias sähe jemandem ähnlich. "Im Moment höre ich meistens Kendrick Lamar, das ist ganz okay. Jamie Foxx war ich mit kurzen Haaren, Snoop Dog mit Rastas - als Schwarzer siehst du immer jemandem ähnlich."

Am meisten aber, sagt Alias, unterhält er sich zwischendurch mit den Kollegen an der Tür oder er redet mit Stammgästen über das, was gerade so in den Nachrichten ist. Die Folgen des Putsches in der Türkei, solche Sachen. Manche geben ihm auch einen Drink aus. "Ich dachte immer, so was passiert nur Frauen an der Garderobe."

Hinter der Bar bekommt er mit, wie die Nacht verläuft, auch wenn er nicht auf die Tanzfläche sieht. Wie oft die Leute rausgehen. Wie euphorisch sie dabei schauen. Nebyou Alias mag die Atmosphäre im Club. Die Musik kann er gut hören an der Garderobe, freitags ist es Elektro, samstags Hip-Hop; aber bei ihm hat der Sound eine Lautstärke, bei der man sich gut unterhalten kann. Wenn zwei sich näherkommen, tun sie das oft vor Alias Nase, im Eingangsbereich. Er schaut dann diskret woanders hin. Wenn gleich drei, vier Pärchen knutschen, verscheucht er sie manchmal.

Nach dem großen Ankommen gegen ein, zwei Uhr wird es ruhiger an der Garderobe. Bevor später, in Wellen, der Aufbruch stattfindet und Nebyou Alias auf die Unverbesserlichen wartet, die einfach nicht nach Hause wollen. Meistens hütet er Jacken und Taschen. Und Schuhe. Manchmal Koffer. Eine große Puppe aus Holz und einmal auch einen rosa Plastikflamingo. Zwischendurch schauen die Gäste vorbei, weil sie ihr Feuerzeug, ihre Zigaretten, ihr Geld in der Tasche gelassen haben.

Alias hat mittlerweile einen Blick dafür, wer Gefahr läuft, seinen Garderobenschein zu verlieren und dann warten zu müssen, bis alle anderen Jacken abgeholt sind: Die, die schon euphorisch hereinstürmen und kaum abwarten können, ihre Sachen bei ihm loszuwerden.

Langweilig wird ihm eigentlich nie. Wenn der Morgen längst angebrochen ist, gegen sieben, acht Uhr, hat der Mann an der Garderobe Feierabend. Gleich ins Bett geht er nicht, eher am Nachmittag. Für den Schlafrhythmus ist der Job fatal. Aber Nebyou Alias sieht das pragmatisch: "Eigentlich ist es genauso, wenn du in einem Club feiern warst." Nur hat er eben Geld verdient, statt welches loszuwerden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: