Der Luftikus
Wahrscheinlich gibt es nicht viele Orte, wo man einen so guten Ausblick auf das Wiesngeschehen hat, wie in 30 Meter Höhe auf der Alpinabahn. Aber da kann man nicht jeden arbeiten lassen, vor allem nicht diejenigen, deren Knie schon schlottern, wenn sie nach oben schauen. Einen wie Hans-Siegfried Scholl kann man auf die Achterbahn schicken. Scholl ist schwindelfrei und einiges gewohnt, schließlich klettert er schon seit mehr als 40 Jahren auf Achterbahnen und anderen Fahrgeschäften herum und sorgt dafür, dass alles reibungslos funktioniert. Eines ist ihm allerdings wichtig: Wer gar keine Angst vor der Höhe hat, eignet sich auch nicht für den Job. "Sonst wird man leichtsinnig."
Mit seinen 58 Jahren klettert der Mechaniker noch immer fast jeden Tag auf der Alpinabahn, um die Bremsen zu kontrollieren sowie den Lift, mit dem Wägen nach oben gezogen werden. Fünf Techniker sind auf der Wiesn dabei, die meisten kommen aus Rumänien und Polen, sie sind für die Wartung der Achterbahn zuständig. Scholl muss sie anweisen.
Immerhin - wer in 30 Metern Höhe die Bremsen prüft, ist gesichert. "Ohne Gurt geht keiner rauf", sagt Scholl. Die "Bodenakrobaten" verkaufen derweil die Tickets, erledigen andere Arbeiten - und sortieren Fahrgäste aus, die so stark betrunken sind, dass sie nicht mehr richtig laufen können.
Eine Auszeit kann sich Scholl da kaum gönnen, schließlich muss er immer bereit stehen, wenn er gebraucht wird. Am vergangenen Sonntag gab es etwa einen 45-minütigen Stromausfall, die Achterbahn, voll mit Fahrgästen, stand plötzlich still. Das Team musste dafür sorgen, dass die Wagen wieder an den Boden zurückkommen. Wenn Techniker Scholl doch eine ruhige Minute hat, begeht er sein jährliches Wiesn-Ritual: "Dann gönne ich mir bei der Fischer Vroni einen Steckerlfisch."