Süddeutsche Zeitung

Arabische Touristen in München:Jetzt kommt die Mittelschicht

Während es früher vor allem reiche Araber zum Urlaub nach München zog, kommt mittlerweile auch die Mittelschicht. Die Besucher schätzen die Lage am Alpenrand und die vielen günstigen Shopping-Möglichkeiten. Allerdings gibt es auch Kritikpunkte.

Früher flüchteten vor allem reiche Araber vor den heißen Sommern in ihrer Heimat ins etwas kühlere München, ließen sich medizinisch behandeln und kauften gleich kollektionsweise Kleidung und Kosmetik in den Edelboutiquen der Stadt. Mittlerweile hat sich das Einkaufverhalten der arabischen Touristen jedoch grundlegend gewandelt. Zu diesem Ergebnis jedenfalls kommt eine aktuelle Studie der BBE Handelsberatung in München.

Weil Syrien und Libanon als klassische Urlaubsziele der Mittelschicht in den arabischen Golfstaaten wegen des Terrors und der Gewalt weggebrochen seien, habe diese Zielgruppe zunehmend München als Reisedestination entdeckt, heißt es in der Studie.

Daher sei auch die Zahl der erstmaligen München-Touristen aus diesen Staaten mit 53,3 Prozent sehr hoch. Diese neuen Besucher strömten nun nicht mehr nur in die Maximilians- oder Theatinerstraßen, sondern kauften vorzugsweise in der Fußgängerzone ein, wie BBE-Geschäftsführer Joachim Stumpf sagt.

Die Landeshauptstadt werde von den neuen arabischen Gästen aber nicht allein wegen ihrer Sicherheit und Sauberkeit bevorzugt. Besonders attraktiv sei München auch wegen seiner günstigen geografischen Lage, ist man bei der BBE überzeugt: "München ist die Drehscheibe, um in der Alpenregion Urlaub zu machen: Von hier aus geht es weiter nach Garmisch-Partenkirchen, Rosenheim, Wien oder Genf, aber auch zum Shoppen in die Outlets nach Metzingen oder Ingolstadt", so Stumpf. Auch das Burka-Verbot in den Nachbarländern Frankreich und Belgien steigere die Beliebtheit Bayerns.

Den Münchner Einzelhändlern bescheren die arabischen Gäste, von denen 94 Prozent zum Einkaufen anreisen, jährlich einen Umsatz von rund 220 Millionen Euro. Das sind nach Angaben des Handelsverbands Bayern zwei Prozent des Gesamtumsatzes. Im Schnitt gibt jeder der Touristen 274 Euro am Tag in Münchner Geschäften aus, vor allem vor für Kleidung, Kosmetik, Lederwaren, Schmuck und Schuhe. Dabei wächst der Anteil derer, die den westlichen Kleidungsstil bevorzugen, offenbar rasant an. Derzeit beträgt er 58 Prozent.

Gelobt wurden bei der Befragung der Gäste im Sommer die günstigen Preise und die große Auswahl an Geschäften und an Originalware. "Es gibt aber auch Dinge, die kritisiert werden", erklärte Stumpf. Am häufigsten bemängelten die in der Münchner City befragten arabischen Touristen Verständigungsschwierigkeiten. Gut zehn Prozent beanstandeten die Unfreundlichkeit der Menschen.

Nach Angaben des Tourismusamtes machten im vergangenen Jahr 102 000 Touristen aus den Golfstaaten in München Urlaub. Von Januar bis Juni 2012 waren es bereits 51 000. Auch die Verweildauer der arabischen Gäste ist dabei relativ hoch: Im Schnitt, so hat die Studie der BBE ergeben, verbringen sie neun Nächte in den Hotels der Stadt.

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SZ vom 14.09.2012/abec/dapd/most
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