Arabische Gäste:Baklawa statt Bayerisch Creme

München ist bei Touristen aus den Golfstaaten so beliebt wie keine andere deutsche Stadt. Geschäfte haben ihr Angebot längst darauf abgestimmt. Jetzt verwandelt sich das Restaurant Schwarzreiter in ein arabisches Lokal.

Von Pia Ratzesberger und Andreas Schubert

Das Licht ist gedämpft, auf den Tischen stehen orientalische Lampen und bunte Trinkgläser, am Eingang sitzt ein Bänkelsänger mit einer Oud, der orientalischen Kurzhalslaute, und spielt arabische Weisen. Julien Al Khal, Koch aus dem arabischen Emirat Katar, steht am Rande des Gastraums und begrüßt die Gäste, natürlich auf Arabisch - und das in einem Restaurant, in dem sonst Donaulachs, Kalbstatar und bayerische Creme angeboten werden. Fünf Wochen lang ist das Restaurant Schwarzreiter im Hotel Vier Jahreszeiten, gelegen an Münchens Maximilianstraße, nun ein arabisches Restaurant. Und selbst wenn sie die orientalische Deko weggelassen hätten, würde man als Gast schon am Duft des Buffets erkennen, dass derzeit etwas anders ist als sonst im Schwarzreiter.

Es riecht ganz dezent nach Koriander, geröstetem Sesam und Zimt. Europäischen Gästen erklärt Julien Al Khal geduldig jedes einzelne Gericht. Al Khal stammt aus dem Libanon und ist Chefkoch im Al Sufra, dem Restaurant des ebenfalls zur Kempinski-Gruppe gehörenden Hotels Marsa Malaz in Doha, der Hauptstadt Katars am Persischen Golf.

Viele Münchner sind an diesem Abend nicht im Lokal. Stattdessen dinieren hier Familien aus arabischen Ländern, denen das Hotel im August entgegenkommt. Es möchte ihnen ein Gefühl von Heimat geben, wie eine Sprecherin erklärt. Schon in den vergangenen Jahren hat das Hotel zu dieser Zeit eine "arabische Food Promotion" angeboten. So nennen sie das im Vier Jahreszeiten. Mal war es libanesische, mal türkische Küche. Jetzt servieren sie eine Art "Best of" aus verschiedenen Länderküchen. Denn jeden Sommer hat das Vier Jahreszeiten viele Gäste aus arabischen Ländern. Wobei gerade in diesem Jahr die große Reisewelle direkt nach dem Ramadan ausgeblieben ist, wie aus dem Wirtschaftsreferat zu hören ist.

Das liege wohl am niedrigen Ölpreis. Weil mit dem Rohstoff derzeit schwer Geld zu verdienen ist, sinkt die Kaufkraft in den arabischen Ländern. Da sparen sich manche vielleicht die Tour nach Europa. Zum anderen könnte aber auch ein Grund sein, dass der Ramadan in diesem Jahr schon so früh stattfand und sich die anschließenden Reisen daher auf eine längere Zeit verteilen.

In den vergangenen Jahren kamen die meisten Gäste in den Monaten Juni bis September. Die Zahl der Touristen ist immer weiter angestiegen, zog es Anfang der Neunzigerjahre zum Beispiel gerade einmal etwa 8 000 Besucher aus den Golfstaaten nach München, so waren es 2015 schon mehr als doppelt so viele, mehr als 20 000. In der Münchner Innenstadt bemühen sich die Geschäftsleute daher um die Gäste aus dem Osten, große Kaufhäuser wie Konen oder Ludwig Beck haben eigens arabisch sprechendes Personal eingestellt, sie bieten individuelle Einkaufsberatung zu teils ungewöhnlichen Öffnungszeiten an und liefern die Errungenschaften auch bis in die Heimatländer, falls das gewünscht ist. Dem Wirtschaftsreferat zufolge ist keine andere Stadt in Deutschland bei den arabischen Touristen so beliebt wie München.

"Urlaubsfeeling" auch für Münchner

Doch nicht nur ihnen soll das Essen schmecken, man wolle auch den Münchnern und Gästen aus anderen Ländern ein "Urlaubsfeeling" bieten, heißt es im Vier Jahreszeiten. Die arabischen Wochen haben sie diesmal nach dem Al Sufra in Doha benannt. Die Gerichte sind exakt die gleichen, die auch dort serviert werden. "Alle Rezepte sind traditionell", sagt Julien Al Khal. Die Geschmäcker habe er für München nicht modifiziert, um sie an den europäischen Gaumen anzupassen. Gut so - denn wer den orientalischen Reichtum an Aromen probiert, würde es nur bedauern, wenn etwa die Mohamara, ein als Vorspeise servierter syrischer Brotaufstrich mit Paprika und Chili nicht die typische Schärfe hätte, wenn die Lamm Tajine nicht den feinen Hauch von Zimt verströmen würde oder überhaupt irgendein Gewürz weggelassen worden wäre, das hierzulande vielleicht ungewohnt ist.

Am Buffet finden sich unter anderem auch Okra-Eintopf, Makloubeh, ein traditionelles Gericht mit Tomaten und Lammfleisch, Lamm-Tajine, Ashta, das libanesische Pendant zur Panna Cotta, Mouhalabiyeh, eine Art Flammeri aus Milch, Rosenwasser, Honig und Orangenblüten-Essenz, Kunafa, eine palästinensische Süßspeise mit süßen, nudelartigen Fäden obendrauf und andere Gerichte.

Zum Menü gibt als Getränke Säfte, Tee oder einen alkoholfreien Sekt, der auf der Grundlage eines deutschen Prädikat-Rieslings hergestellt und dem mit Hilfe mehrerer Filtrationsverfahren der Alkohol entzogen wird. Mit 0,01 Volumenprozent enthält er jetzt weniger Alkohol als Orangensaft mit 0,04 Prozent. Als einziger Sekt überhaupt ist er - wie auch das Al-Sufra-Essen - Halal-zertifiziert, also für Muslime zum Verzehr erlaubt. Der Sekt ist nach der arabischen Währung und der ersten Umayyaden-Münze aus dem achten Jahrhundert benannt und schmeckt fast wie echter Sekt. Statt Alkohol dienen Datteln und Granatäpfel als Geschmacksträger.

Noch bis 1. September dauern die arabischen Wochen im Vier Jahreszeiten, dann wird Küchenchef Christian Michel in der Maximilianstraße wieder seine Young Bavarian Cuisine im Restaurant auftischen. Wer nicht so lange warten will: In der Schwarzreiter-Tagesbar gilt auch im August die gewohnte Speisekarte.

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