Apple-Store am Marienplatz:Du und i

Jugendliche checken E-Mails und suchen nach "Scarlett Johansson naked". Und die Angestellten vermitteln nicht wirklich den Eindruck, als wollten sie etwas verkaufen. Wenigstens liegt neben jedem Gerät ein Info-iPad. Ein Nachmittag im Münchner Apple-Store.

Karoline Meta Beisel

Man kennt es vom Tante-Emma-Laden: "Wegen eines Trauerfalls in der Familie bleibt unser Geschäft heute geschlossen". An einer McDonalds-Filiale oder einem Ikea-Geschäft käme den Menschen so ein Schild wohl merkwürdig vor, selbst wenn James Skinner oder Mikael Ohlsson gestorben wäre. Die beiden Herren sind die jeweiligen Firmenchefs, aber das muss ein normaler Kunde nicht unbedingt wissen. Auch von Tim Cook haben nur Eingeweihte schon gehört, aber seinen Vorgänger Steve Jobs kennt jeder.

Steve Jobs aus Post-it-Zetteln

Ein Konterfei aus Notizzetteln erinnert am Münchner Apple-Store an den verstorbenen Gründer Steve Jobs.

(Foto: dpa)

Am Mittwoch schloss die Münchner Apple-Filiale zwei Stunden früher als gewohnt, damit die Mannschaft aus München mit den anderen 45.000 Apple-Mitarbeitern auf der Welt um den verstorbenen Firmenchef trauern konnten: Wer bei Apple arbeitet oder nur einen Fuß in ein Apple-Geschäft setzt, gehört zur Trauergemeinde, zur Familie - zumindest ist das der Eindruck, den die Mitarbeiter im Münchner Geschäft vermitteln.

Die Rosenstraße gleich beim Marienplatz an einem gewöhnlichen Nachmittag. Im Wirtshaus "Zum Spöckmeier" erholen sich die Einkaufswütigen bei Hendl und Kraut, bei Kaut Bullinger kaufen die ersten schon Geschenkpapier für das Weihnachtsfest.

Die Apple-Filiale gegenüber ist voll, gut 20 der 30 Ansichts-Macs sind mit Leuten besetzt, die nicht so aussehen, als würden sie demnächst irgendwelche teuren Geschenke kaufen - die meisten bekommen selbst noch Taschengeld. Sie hängen dort einfach eine Weile rum, spielen an den ausgestellten Laptops und Smartphones "Angry Birds" oder "Liquid Ninja", checken ihre E-Mails, setzen bei Facebook Statusmeldungen ab oder geben "Scarlett Johansson naked" in die Suchmaschine ein.

Anscheinend fühlen sie sich wie zu Hause, und die Mitarbeiter in den blauen T-Shirts lassen es zu. Wahrscheinlich könnte man sich sogar eine Pizza in den Laden liefern lassen: In den USA hat das sogar schon mal jemand gemacht.

Überhaupt vermitteln die Mitarbeiter in der Rosenstraße nicht sofort den Eindruck, als wollten sie etwas verkaufen, sie hängen scheinbar genau wie die Kunden auch nur dort ab. Als wollten sie sagen: "Ich bin wie Du, ich kenne mich nur besser mit Apple-Produkten aus." Sie stören ihre Kunden nur, wenn sie gerufen werden - per Knopfdruck.

Neben jedem Ausstellungsstück liegt ein iPad mit den wichtigsten Fakten zu Ausstattung, Einsatzmöglichkeiten und Preis. Selbst neben dem iPad liegt so ein Info-iPad. Bleibt doch etwas unklar, kann man über das Gerät Hilfe holen: "Wir treffen uns hier, Thilo ist gleich da!" Und dann kommt Thilo, genau in die Ecke des Ladens, in die man ihn bestellt hat.

Wie Freunde beantworten die jungen Männer und Frauen in den blauen T-Shirts alle Fragen. Will man etwas kaufen, bestellen sie die Ware per iPhone aus dem Lager, und wenn der Laden schließt, legen sie dem Kunden die Hand auf die Schulter und sagen "Du, wir schließen jetzt". Sie sind immer per Du, auch wenn der Mann, dem sie eben ein iPhone verkauft haben, schon über 50 ist.

Draußen ans Schaufenster haben Fans ein riesiges Steve-Jobs-Porträt aus Post-It-Zetteln geklebt, es ist dasselbe Bild, das seit Jobs' Tod auch auf der Firmenhomepage prangt. Wer will, kann eine Nachricht hinterlassen: "Du Visionär Du" oder "Great Job!". Schulmädchen bleiben stehen und machen Fotos mit ihren iPhones, eine fragt: "Wir finden den cool, oder?". Eine andere schreibt eine Nachricht auf einen Zettel: "Wir werden Dich vermissen, Süßer."

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