Einmal muss es in jedem Text über diesen seltsamen Häuptling des deutschen Hip-Hop-Pop drinstehen: "Apache bleibt gleich". Auch wenn viele Zufalls-Radiohörer sich bei der Zeile aus dem perlenden Hit "Roller" auch fünf Jahre nach dessen Erscheinen, nachdem diese Nummer mit 168 Wochen zum bis dato erfolgreichsten Dauerrenner in den deutschen Single-Charts wurde, immer noch wundern: "Abwatsche bleibt gleich, haha, lustig, aber was soll das denn bedeuten?" So ist sie doch auch stets ein Versprechen an die immertreuen Anhänger: Dieser Zwei-Meter-Macker aus der Kurpfalz mit Jeansweste, Sonnenbrille und Winnetou-Haaren, der wird sich nie von seinem Höhenflug korrumpieren lassen und immer wissen, wo er herkommt und wem er das alles zu verdanken hat. Das schönste Märchen der großen Pop-Sagensammlung also.
Also, alles beim alten, wenn Apache 207 wieder auf große Tour geht und zweimal die Münchner Olympiahalle füllen wird? Beim Vergleich der vorigen Tournee mit der aktuellen fallen schon feine Unterschiede in der Inszenierung auf: Im Oktober 2022 ließ er sich in der Olympiahalle in einem Sarg auf die Bühne mit der Kulisse seines alten Ludwigshafener Wohnblocks tragen und später royal winkend wie die Queen in einem Ruderboot auf einem Holzgestell zum Playback des "Titanic"-Songs "My Heart Will Go On" durchs Menschenmeer schieben. Nun, beim Tour-Auftaktkonzert in Stuttgart, cruiste er, wieder winkend, aber selbst singend ("Bläulich") auf der Rückbank eines roten Mittelklasse-Cabriolets von der Haupt- zur Nebenbühne. Will uns das etwas sagen? Na ja. Ein Triumphzug ist das nicht, er könnte sich nach seinem nächsten Rekord-Hit, nämlich "Komet" mit Udo Lindenberg, schon etwas Schickeres leisten, wie den Lambo im Video zu "Wunder". Aber vielleicht steckt hier ein Werbepartner dahinter. Und: Um Sterblichkeit, wie damals im Sarg, geht es noch immer.
In einem ZDF-Interview (eigentlich spricht Apache 207 ja kaum mit Medien, behält die Deutungshoheit über sein Mysterium auf seinen Social-Kanälen lieber selbst) hat er gesagt, es gehe in seiner aktuellen Schaffensphase darum, "mit der Gewissheit der Endlichkeit klarzukommen". Er inszeniert seine zweieinhalbstündige Show mit allerlei Effekten als Zeitreise: Er gibt den verarmten Rap-Rentner, der zurückkehrt, um noch einmal die Zeit seiner größten Erfolge zu genießen.
Das wäre eben: heute. "Komet" ist bislang von nichts und niemand zu toppen. Schon vor drei Jahren schreibt ihn "Udo, die coole Sau" an. Der Altrocker hatte alle andere Kooperationen mit den üblichen Rüpel-Rappern abgewiesen, aber den hier mochte er, der hatte - bei allem Macho-Gehabe - Charme und Witz und tatsächlich Gesangstalent auch lange Haare. "Wir hätten es beide nicht nötig gehabt, wir haben es aus Bock getan", erklärt Apache 207 dem ZDF das Erfolgsgeheimnis. "Komet" schlug ein, immer wieder, es war die erste Nummer 1 für den ab 17. Mai 2024 78-jährigen Lindenberg in seinem Leben, sie blieb es 18 Wochen lang, sogar länger als "Verdammt ich lieb Dich" von Matse Reim und "Ein Stern" von DJ Ötzi. Apache wird seitdem auch gerne als "Schlagerrapper" bezeichnet.

Was er ist, das weiß nur er. Volkan Yaman, Abiturient, geboren in Mannheim, heute 26 Jahre alt, hat diese Kunstfigur 2018 erschaffen, mit Bausteinen aus seinem eigenen Leben: schwierige Verhältnisse, alleinerziehende Mutter, kein Geld fürs Nutella auf der Stulle, hochgearbeitet als Rapper, weil's als Fußballer nicht klappte, "Deutschraps Miroslav Klose", wie er ironisch sagte. So wurde er samt Prekariats-Romantik und Kiez-Grammatik, auf goldenen Rollschuhen, Fahrrad, Roller und auch mal im Mercedes, aber ohne das Knast-Geprahle seiner Berliner Aggro-Kollegen ("Sie sind nur Affen / mit ein paar Waffen") zum Aufstiegsidol, verwegen, aber brav. "Gucci-Sandalen, ich trag' sie nur zum Trotz." Echt? Fake? Egal. Manchmal müssen er, sein managender Bruder und sein bester Freund von damals im Team selbst schmunzeln, sagt er.

Wie es ihm gefällt, rudert er mit Travolta-Tanz-Armen durch die Musikstile: Cloud- und Trap-Rap trifft auf Disco, Eurodance, Latin-Pop, Orientalisches, Panflöte und Lagerfeuergitarre - Alltime-Party-Mix der Generation Z. Auf der vierten Platte "Gartenstadt" (das Viertel, in dem er aufwuchs) trifft "Capri Sonne" auf "Coco Chanel", man will, was man immer hatte und etwas mehr. So hält man es aus mit sich und der Welt, Apaches passende Zeile dazu heißt: "Ich will nie mehr weg von hier ... wenn das so bleibt."
Apache 207, Di. & Mi., 21. & 22. Mai, München, Olympiahalle