Anton Biebl:Ein Mann, viele Baustellen

Anton Biebl beim SZ Kultursalon in München, 2019

Anton Biebl beim SZ Kultursalon.

(Foto: Stephan Rumpf)

Münchens neuer Kulturreferent Anton Biebl stellt seine Handlungsziele für die nächsten Jahre vor.

Von Christiane Lutz

Seit neun Jahren schon ist Anton Biebl im Münchner Kulturreferat beschäftigt - stets in zweiter Reihe allerdings, als Stellvertreter des ehemaligen Kulturreferenten Hans-Georg Küppers. Seit 1. Juli dieses Jahres nun ist Biebl in die erste Reihe aufgerückt, und somit auch aufs Podium im Pathos, wohin die Süddeutsche Zeitung zum SZ Kultursalon geladen hatte. Im Gespräch mit Nina Bovensiepen, Leiterin des Ressorts München, Region und Bayern, und Susanne Hermanski, Leiterin der Kulturredaktion, bezieht Biebl Stellung zu alten und neuen Themen, für die er nun verantwortlich ist.

Das Kreativquartier

Biebl ist überzeugt davon, dass das seit 15 Jahren in Planung befindliche Kreativquartier für geschätzte 93 Millionen Euro auch wirklich entstehen wird. Also genau da, wo Biebl beim Kultursalon sitzt. Die kulturell genutzten Orte Jutier- und Tonnenhalle werden renoviert, das bereits dort angesiedelte internationale Kulturlabor Imal soll an der Stelle erhalten bleiben sowie auch das kürzlich aufgefrischte Theater Pathos. "Ich habe Herrn Küppers gesagt, er soll sich am 18. Juli 2025 nichts vornehmen, da eröffnen wir nämlich", sagt Biebl und lobt außerdem den zwar langsamen, aber steten Fortschritt des Projekts.

Der Gasteig

Die Sanierung des Gasteig ist eine weitere, von Küppers geerbte Großbaustelle des neuen Kulturreferenten. "Ich bin seit Beginn der Planung zur Sanierung des Gasteig im Lenkungskreis und den Leitungsgremien", sagt Biebl, "und habe meine Meinung zur Vorgehensweise in der Zeit nicht geändert." Er ist überzeugt, dass die Philharmoniker im Herbst 2021 ihr Interimsquartier am Stadtwerke-Areal in Sendling beziehen werden. Auf die Frage, ob er Angst vor dem temperamentvollen Chefdirigenten der Münchner Philharmoniker Valery Gergiev habe, antwortet Biebl höflich - wie er grundsätzlich extrem höflich antwortet: "Nein, wir sind noch nie aneinandergeraten. Gergiev fragt nur bei jeder Begegnung, ob wir mit der Sanierung im Zeitplan sind." Biebl erklärt außerdem das System der "Steckbriefe", die für die Generalsanierung des Gasteig erstellt worden sind und das Zentrum in 25 Bereiche gliedert. Einer davon ist der Carl-Orff-Saal. Für diesen steht zur Diskussion, ihn von 800 auf rund 1000 Plätze auszubauen und mit einer multifunktionalen Bühne auszustatten. Ein Thema, das Biebl dabei besonders am Herzen liegt, ist die Kulturvermittlung. Die nämlich soll künftig viel stärker im Gasteig stattfinden. Auch in der Zentralbibliothek, die für die Sanierung ebenfalls zu großen Teilen ausziehen muss. Für die Münchner Stadtbibliotheken gefällt Biebl die Idee des "Third Place", also der Bibliothek als erweitertes Wohnzimmer. Dahin sollen sich die Stadtbibliotheken entwickeln, mit verlängerten Öffnungszeiten etwa.

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Das Stadtmuseum

Seit Langem strahle nichts mehr am maroden Münchner Stadtmuseum, beklagt Ressortleiterin Nina Bovensiepen, das sei für eine Stadt wie München doch peinlich. Biebl pflichtet ihr diplomatisch bei - wie er überhaupt sehr diplomatisch ist. Manch einer fände ja nicht mal den Eingang zum Museum. Lang schon ist ein umfassender Umbau geplant, passiert ist nichts. Neuster Stand: Eine Generalsanierung für rund 200 Millionen Euro könnte Ende 2022 beginnen, das Museum müsste für mehr als sieben Jahre schließen. Biebl sagt, eine am Nachmittag desselben Tages abgehaltene Fraktionssitzung im Stadtrat "lässt mich diesbezüglich froh zurück", Genaueres verrät er nicht. Die "Zukunftsfähigkeit des Stadtmuseums" jedenfalls müsse "bautechnisch herbei geführt" werden.

Die Münchner Theater

Viel lieber als über das Stadtmuseum spricht Anton Biebl vom gerade im Schlachthofviertel entstehenden Volkstheater. Wo, fragt er, würden überhaupt noch nagelneue Theater gebaut? Er betont, dass leider nicht ohne Weiteres an jeder Stelle des Bedarfs kurz mal 131 Millionen Euro aufgetrieben werden könnten. Das Volkstheater habe sich den Neubau "verdient", weil das Haus hervorragende Kunst unter schlechten Bedingungen mache. Zum Weggang von Matthias Lilienthal von den Kammerspielen im Sommer 2020 und der damit verbundenen Sorge mancher Theaterfans, die Uhr würde künstlerisch zurückgedreht werden, sagt Biebl, er habe großen Respekt vor Lilienthals Arbeit, weil es ihm gelungen sei, das Theater zu öffnen. Nicht zuletzt durch sein öffentliches Engagement gegen Rassismus und rechte Hetze. Der Nachfolgerin Barbara Mundel aber würde er, wieder diplomatisch, jede Unterstützung anbieten, ohne sich in konkrete Spielplanideen einzumischen.

Kulturelle Stadtentwicklung

Einerseits widme sich die Stadt der Errichtung des Werksviertels mit dem neuen Konzerthaus - andererseits ließe sie sich Filetstückchen wie die Paketposthalle durch die Finger gleiten, die für allerlei kulturelle Nutzung in Frage gekommen wäre. Werden da etwa einige Stadtteile bevorzugt? Auch wenn die Paketposthalle inzwischen an einen privaten Investor verkauft sei, sagt Biebl, wäre die Stadt offen, mit diesem über eine mögliche kulturelle Nutzung zu verhandeln. Er nimmt sich für seine Amtszeit vor, mit Stadtbaurätin Elisabeth Merk und Kommunalreferentin Kristina Frank, künftig früher bei der Stadtentwicklungsplanung dabei zu sein. Er betont außerdem, dass in allerlei Stadtteilen neue Kulturzentren entstünden, wie etwa der Kopfbau Pasing im Westen, oder die Luise für Ludwigsvorstadt, Isarvorstadt und Sendling.

Zur Person

Eigentlich, sagt Anton Biebl, wollte er als Kind Pilot werden. Dafür waren die Augen dann aber zu schlecht, so musste der Brillenträger halt Jura studieren, das schien im ähnlich zukunftssicher. Anton Biebl ist 1962 in München geboren, hat in München an der LMU studiert und hat die Stadt eigentlich nie wirklich verlassen. Weil es doch am schönsten sei in München, findet er. 1991, nach Abschluss seines Studiums, trat Biebl in den städtischen Dienst und blieb dort. Er begann seine Arbeit im Planungsreferat, wechselte ins Personalreferat, wo er Leiter der Rechtsabteilung und Büroleiter des damaligen Referenten Wilfried Blume-Beyerle war.

Seit 2010 arbeitet Biebl nun im Kulturreferat, wo er neun Jahre lang Stellvertreter von Hans-Georg Küppers (SPD) war, der Ende Juni dieses Jahres in den Ruhestand ging. Seit 1. Juli ist nun Biebl Kulturreferent der Stadt München. "Jura ist schön, Kultur ist schöner!", findet Biebl und erklärt so seine verhältnismäßig späte Entscheidung für die Kultur. Ihn begeistern schräge Kulturprojekte wie das "Z Common Ground", eine Zwischennutzung in der Zschokkestraße, die gerade zu Ende ging. Anders als sein Vorgänger Küppers gehört Biebl keiner Partei an. Diese Tatsache habe er bisher weder als hinderlich noch als Vorteil empfunden. "Kulturpolitiker denken alle ähnlich", sagt Biebl, er stehe sowieso im ständigen Austausch mit allen.

Auch sonst hat er keine Sorge, sich mit Küppers vergleichen lassen zu müssen, der in der Stadt über Parteigrenzen hinweg und in der Kulturszene sehr respektiert wurde. Auch für mutige Entscheidungen wie die Berufung Matthias Lilienthals zum Intendanten der Kammerspiele und Valery Gergiev als Chefdirigent der Philharmoniker. "Ich nehme diese Herausforderung sportlich", sagt Biebl, schließlich habe er sich neun Jahre lang auf die Stelle vorbereiten können. Er selbst hat nun natürlich auch einen Stellvertreter, Marek Wiechers, ehemaliger Büroleiter des Oberbürgermeisters. clu

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