Antisemitische Kunst:Diffamierendes ist abzuhängen

Warum die "Judensau" am Regensburger Dom und andere Hetzkunst nicht tolerierbar sind

"Steinerne Hass-Zeugnisse" vom 21./22. November:

Disqualifizierende Absichten

Bei den Überlegungen zu einem adäquaten Umgang mit antisemitischer "Kunst" im öffentlichen Raum ist entscheidend: Was ist die Intention einer Darstellung? Die Plastiken wurden erschaffen, um Jüdinnen und Juden zu diffamieren und die restliche Gesellschaft gegen sie aufzubringen. Auch wenn sich Sehgewohnheiten und Codes geändert haben, transportieren sie das bis heute. Darum müssen antisemitische Plastiken aus unseren Städten, aus unseren Kirchen und aus dem öffentlichen Raum verschwinden!

In der Geschichte wurden schon zahlreiche Denkmäler, Kunstwerke und andere öffentliche Symbole geschleift, um Ideologien oder mit Traditionen zu brechen. Ein überspitzter Vergleich: Niemand wäre auf die Idee gekommen, Schilder mit der Aufschrift "Juden sind hier unerwünscht" aus der Zeit des Nationalsozialismus als Mahnung stehen zu lassen, transportieren sie aber doch die gleiche Botschaft wie die mittelalterlichen "Judensäue".

Der vermeintlich (kunst-)historische Wert der Schmähbilder kann für eine demokratische Gesellschaft nicht mehr wiegen als das klare Bekenntnis gegen Antisemitismus und Rassismus. Die Plastiken gehören in Museen, in denen eine Kontextualisierung weit besser möglich ist, als durch ein verlorenes Schild an einer riesigen Kirchenwand. Ist es nicht eine treffende Mahnung, eine bewusste Leerstelle an einer Kirchenfassade mit dem Hinweis zu versehen, dass sich die Zivilgesellschaft des Jahres 2020 bewusst gegen Antisemitismus und dessen "Kunst" aus früheren Zeiten stellt? Korbinian Engelmann, München

Skandalöses Deckenbild

Man muss nicht bis ins tiefe Mittelalter zurück, um antisemitische "Kunstwerke" wie die sogenannten Judensäue in christlichen Kirchen zu finden. Bei einem Besuch von St. Sylvester, München, der ältesten Kirche Schwabings, fällt ein Deckengemälde auf, das unerträglich mit judenfeindlichen Klischees spielt. Schriftgelehrte haben Gesichter, die der "Stürmer" nicht schlimmer hätte zeichnen können, Maria Magdalena hingegen fällt mit blondem Wallehaar vorm Kreuz nieder, an dem ein Heiland hängt, der jedem Ariernachweis standgehalten hätte. Die Szenen von Leben, Leiden und Auferstehung Jesu Christi von 1939/40 stammen von Ernst Kozicz. Wäre es nicht an der Zeit, sich mit diesem Skandal zu beschäftigen? Dr. Johannes Wilkes, Erlangen

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