Süddeutsche Zeitung

Erinnerung:Gedenktafel für Annette Kolb

Leben und Werk der Schriftstellerin Annette Kolb waren stark von ihrer sowohl deutschen als auch französischen Identität geprägt. An einem Hotel erinnert nun eine Tafel an ihre Jahre im Pariser Exil.

Von Susanne Hermanski

Die Schriftstellerin Annette Kolb, die 1870 in München geboren wurde und 1967 dort starb, setzte sich stets für eine Aussöhnung und Annäherung zwischen Deutschland und Frankreich ein. Nun erinnert eine Gedenktafel in Paris an Kolbs Leben und Schaffen. Errichtet wurde die Tafel auf gemeinsame Initiative des Botschafters Peter Reuss, dem Ständigen Vertreter der Bundesrepublik Deutschland bei der Unesco, und seiner französischen Unesco-Kollegin Veronique Roger-Lacan.

Annette Kolb lebte von 1944 bis 1961 in einem Hotel im Boulevard Raspail, das auch noch heute als Hotel geführt wird. Diese Herberge war nicht die erste Exilstation der Schriftstellerin, wenn auch die längste. Schon zu Zeiten des Ersten Weltkrieges hat sie, die sich am liebsten "Fräulein Kolb" nennen ließ, sich mit der Staatsmacht angelegt. In Dresden hielt die Münchnerin 1915 eine flammende pazifistische Rede. 1916 veröffentlichte sie ihre "Briefe einer Deutsch-Französin", da tobte der Krieg schon seit vielen Monaten. Im selben Jahr belegte sie das bayerische Kriegsministerium mit Briefsperre und Ausreiseverbot. 1917 floh sie erstmals ins Exil, nach Bern.

Nach ihrer Rückkehr nach Deutschland scheute Annette Kolb keinen neuerlichen Ärger. Sie legte sich mit den aufkommenden Nationalsozialisten an. Die verbrannten ihre Bücher, sie ging nach Paris. Dort blieb Kolb bis zur Besetzung durch die Deutschen und floh dann noch einmal weiter über Lissabon nach New York. 1944 kehrte sie wieder zurück nach Paris. Da war ihre Wohnung von Kollaborateuren besetzt, deshalb zog sie ins Hotel. Erst die letzten Jahre ihres bewegten Lebens verbrachte sie wieder in München.

Begraben ist Annette Kolb, deren Nachlass heute von der Monacensia verwaltet wird, auf dem Bogenhausener Friedhof. "Und zwei Gräber neben ihr liegt Wilhelm Hausenstein, der der erste deutsche Botschafter in Paris nach dem Krieg", erzählt Reuss, der über Hausenstein bereits wissenschaftlich gearbeitet hat. Hausenstein, der selbst mehr als 80 Bücher geschrieben hatte, pflegte einen großen literarischen Freundeskreis. "Annette Kolb besuchte er nach jeder Vorstellung in der Comédie française, die er sich angesehen hatte", erzählt Reuss. Die Freundschaft der beiden habe schon weit in Vorkriegszeiten zurückgereicht.

Dass nun auch in Paris an Annette Kolb erinnert werde, wertet Reuss als gutes, aber nicht selbstverständliches Zeichen. "Die Tagespolitik ist gerade eher gezeichnet von Kontroversen zwischen Deutschland und Frankreich." Da wirke das Bewusstmachen von kulturellen Gemeinsamkeiten wie Balsam.

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