Promi-Tipps für München und Bayern:Die Woche von Anna-Lisa Dieter

Lesezeit: 4 min

Anna-Lisa Dieter ist es in ihrem Buch gelungen, auf knappstem Raum eine echte Essenz von Susan Sontags Werk zu präsentieren. (Foto: Fabian Frinzel)

Die Autorin und Kuratorin freut sich in der Woche vom 16. bis zum 22. Januar besonders auf ihren Susan-Sontag-Abend. Aber auch auf eine Ausstellung, Konzerte und französisches Kino. Ein Gastbeitrag.

"Wir müssen lernen, mehr zu sehen, mehr zu hören und mehr zu fühlen." Dieser Satz der ikonischen Intellektuellen Susan Sontag könnte auch ein Leitsatz von Anna-Lisa Dieter sein. Dazu passt, dass die Literaturwissenschaftlerin mit Faible für Frankreich und die französische Sprache Texte zu den komplexen Zusammenhängen hinter dem Essen, das wir heute konsumieren, schreibt, Ausstellungen im Münchner Naturkundemuseum Biotopia kuratiert und sich überhaupt vornehmlich mit den kulturellen Phänomenen unserer Zeit beschäftigt. Kürzlich hat sie ein hochgelobtes Buch über Sontag geschrieben, das sie nun im Literaturhaus vorstellt.

Montag: Heißkaltes Glück

Im Seebad Starnberg kann man von der Sauna, die sich in einer Art Bootshaus befindet, über den Steg direkt zum See laufen. (Foto: Arlet Ulfers)

Meine Woche beginnt heißkalt. Im Herbst habe ich mich sehr gefreut, als die Sauna im Müllerschen Volksbad wieder öffnete. Das ist vielleicht ein positiver Effekt der Energiekrise: Freude über Dinge, die früher selbstverständlich waren. Das Jugendstilbad ist eines der schönsten Orte in München, Damensauna (wichtig!) findet dort immer dienstags statt. Da ich in dieser Woche am Dienstag keine Zeit habe, fahre ich abends ins Seebad nach Starnberg (dort ist montags Damensauna). Besonders schön: Man kann von der finnischen Sauna, die sich in einer Art Bootshaus befindet, über den Steg direkt zum See laufen. Die Aufgüsse, das eiskalte Seewasser, der dunkle, hoffentlich sternenklare, Himmel: Diese Kombination macht glücklich und hilft gegen jede Art von Verstimmung. Die dänische Stoffwechselforscherin Susanna Soeberg empfiehlt pro Woche elf Minuten im kalten Wasser und 57 Minuten in der Sauna, verteilt auf zwei bis drei Tage. Ich arbeite daran.

Dienstag: Susan Sontags Texte

Die Schauspielerin Julia Riedler liest Im Literaturhaus Susan Sontags Texte in deutscher Übersetzung. (Foto: Stephan Rumpf)

Gestern wäre die große US-amerikanische Intellektuelle, Schriftstellerin und Aktivistin Susan Sontag 90 Jahre alt geworden. Zu diesem Anlass findet im Literaturhaus, im Begleitprogramm zur Ausstellung "Simone de Beauvoir & Das andere Geschlecht", der Abend " Forever Susan Sontag" statt. Im Gespräch mit Jens-Christian Rabe (SZ) stelle ich mein gerade erschienenes Buch "Susan Sontag. 100 Seiten" (Reclam 2022) vor. Sontag fasziniert mich schon lange. Ihre längst kanonischen Essays zur Popkultur (Stichwort Camp) bestechen bis heute, ihr Nachdenken über Fotografie und Krankheit ist hochaktuell. Die Schauspielerin Julia Riedler wird Sontags Texte in deutscher Übersetzung lesen. Bilder und Soundtracks aus dem Leben der Ikone begleiten Gespräch und Lesung. Große Vorfreude auf diesen Abend!

Mittwoch: Die Sinne schärfen

Ich besuche nochmals die wunderbare Ausstellung von Etel Adnan im Lenbachhaus. Das ist kein Geheimtipp, denn ganz München schwärmt von den Bildern der kosmopolitischen Künstlerin, die 2021 verstorben ist. Es ist unendlich wohltuend, ihre Farbkompositionen zu betrachten. Besonders gut gefällt mir die wiederkehrende Kombination aus Rosa- und Gelbtönen. Adnans Umgang mit Farben und Formen macht sofort gute Laune, erfrischt den Blick. Sehen als Meditation mit offen Augen. Dabei muss ich an Susan Sontags berühmten Text "Gegen Interpretation" denken. Sie fordert darin mehr Aufmerksamkeit für die Form in der Kunst und schreibt: "Wir müssen lernen, mehr zu sehen, mehr zu hören und mehr zu fühlen." Ich könnte mir keine geeignetere Ausstellung zur Schärfung der Sinne vorstellen als die von Etel Adnan.

Donnerstag: Filme gegen Fernweh

Charlotte Gainsbourg spielt die Hauptrolle in dem Film "Passagiere der Nacht". (Foto: Nord-Ouest Films / Arte France Cinema)

Ich habe Fernweh nach Paris und Sehnsucht nach der französischen Sprache. Kino ist daher eine gute Idee. Der Film Les passagers de la nuit von Mikhaël Hers interessiert mich. Mir gefällt der Titel (auf Deutsch: "Passagiere der Nacht"), die Hauptrolle spielt Charlotte Gainsbourg, die ich bewundere und lange nicht mehr im Kino gesehen habe. Es scheint vor allem ein Film über Stimmungen zu sein, das Pariser Stadtviertel Beaugrenelle in den Achtzigerjahren, sanfte Melancholie, Verlorenheit der Figuren in der Welt, zwischenmenschliche Zärtlichkeit und die Nacht in unterschiedlichen Facetten.

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Freitag: Popkonzert

Ich freue mich auf ein Popkonzert. Fuffifuchzich spielt in der Roten Sonne. Die Songs der Berliner Sängerin handeln von Love, Ferraris, Kontrollverlust. Die Texte sind zum Verlieben: "Hallo 110, ist da die Po-Polizei / Ich möchte Anzeige erstatten wegen Heartbreakerei".

Samstag: Winterblüher

Farbenfroher Klecks in der kalten Jahreszeit: Der "Winter-Schneeball". (Foto: Georgine Treybal)

Der Rosengarten lockt. Mal schauen, wie sich die Flora dort entwickelt. Bei meinem letzten Besuch Anfang Januar habe ich über einen Strauch gestaunt, der im tiefsten Winter blüht. Er hat kleine rosaroten Blüten, die altmodisch-süßlich duften. "Es ist besser, die Namen von Blumen zu wissen, als mädchenhaft zu gestehen, dass ich mich in der Natur nicht auskenne", notierte Sontag in ihrem Tagebuch. Stimmt! Der blühende Strauch heißt "Winter-Schneeball". Im Winter verkörpert er den Frühling, ein farbenfroher Klecks in der toten Jahreszeit.

Sonntag: Eigensinnige Autorin

Autorin Heike Geißler. (Foto: Heike Steiweg/Suhrkamp Verlag)

Heute lese ich "Liegen. Eine Übung" (Matthes & Seitz), einen Essay von Heike Geißler, eine der eigensinnigsten Schriftstellerinnen der deutschen Gegenwartsliteratur. Man kann sich aus ganz unterschiedlichen Gründen hinlegen: Erschöpfung, Protest, Therapie ... das macht die Horizontale so interessant. Heike Geißler wird im "Glossar der Gegenwart", meiner Gesprächsreihe am Deutschen Hygiene-Museum in Dresden, am 2. Februar zu Gast sein. Mein Lesen vom (möglicherweise auch im) Liegen dient also der Vorbereitung. Vielleicht höre ich dazu den Song der britischen Band Wet Leg: "On the chaise longue. All day long on the chaise longue."

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Anna-Lisa Dieter studierte französische und vergleichende Literaturwissenschaften in München, Paris und New York. Sie hat an den Universitäten von München, Eichstätt und Konstanz geforscht und gelehrt und wurde mit einer Doktorarbeit über den französischen Schriftsteller Stendhal promoviert. Nach einer Station am Deutschen Hygiene-Museum in Dresden ist sie Kuratorin bei Biotopia, dem neuen Naturkundemuseum in München und hat ein Buch über das Essen der Zukunft mit herausgegeben. Für das Feuilleton von "Zeit" und "Welt" schreibt sie über kulturelle Phänomene der Gegenwart. Zuletzt ist ihr viel beachtetes Buch über Susan Sontag bei Reclam erschienen. Am Deutschen Hygiene-Museum konzipiert und moderiert sie die Gesprächsreihe "Glossar der Gegenwart".

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