Süddeutsche Zeitung

Angeklagter schuldig:"Es ging Ihnen um eine Verstümmelung"

Zwölf Jahre Haft: Das Schwurgericht München verurteilt einen Familienvater, der seiner Ex-Ehefrau das Gesicht zerschnitt.

Alexander Krug

Sie ist gezeichnet für ihr Leben, ihre Tochter ist schwer traumatisiert. Vor den Augen des Kindes zerschnitt Recai H., 46, im Juli vorigen Jahres seiner ehemaligen Ehefrau mit einer abgebrochenen Flasche das Gesicht. "Sie wollten sie dafür bestrafen, dass sie sich von Ihnen getrennt hat", sagte Richter Manfred Götzl am Freitag im Schwurgericht. "Es ging Ihnen um eine Verstümmelung." Das Urteil der Kammer: Zwölf Jahre Haft wegen versuchten Mordes und Einweisung in eine Entziehungsanstalt.

Am 15. Juli hatte Recai H. in der Bothestraße am Leuchtenbergring der Frau aufgelauert, die sich nach 26 Jahren Ehe von ihm getrennt hatte. Mindestens sechsmal stieß er ihr eine abgebrochene Flasche ins Gesicht; erst durch das Eingreifen von zwei mutigen Zeugen ließ er von seinem blutenden und schwer verletzten Opfer ab. Als schließlich die Polizei eintraf, bedauerte er noch ausdrücklich, dass die 47-Jährige nicht tot sei.

Keine Anzeichen von Reue

Vor Gericht hatte sich Recai H. damit herausgeredet, nicht gewusst zu haben, was er tat. "Plötzlich war es passiert", sagte er. "Das ist keine Auseinandersetzung mit der Tat. Wir hätten uns gewünscht, dass Sie sich ernsthaft mit dem auseinandersetzen, was Sie Ihrer Frau und Ihrer Familie angetan haben", meinte Götzl. Das Opfer hatte sich einen Monat vor der Tat vom Angeklagten scheiden lassen. Das Amtsgericht hatte auch ein Kontaktverbot verhängt, an das sich der gewalttätige und trunksüchtige Recai aber nicht hielt. Wiederholt drohte er seiner ehemaligen Frau, ihr Gesicht mit Säure zu überschütten.

Die Strafkammer ging mit dem Angeklagten hart ins Gericht. Die Frau habe ihm in den Jahren der Ehe immer wieder eine neue Chance eingeräumt, doch er habe sich lieber in Drogen- und Alkoholkonsum gestürzt und keinen Cent zum Unterhalt der gemeinsamen drei Kinder beigetragen. "Ihre Familie musste sich alleine durchschlagen", so Götzl. Aus Rache für die Trennung habe der Angeklagte schließlich den Plan gefasst, seine Ex-Frau dauerhaft zu entstellen.

Zum Tatzeitpunkt hatte Recai H. annähernd fünf Promille Alkohol im Blut - dennoch handelte er nach Zeugenaussagen gezielt und überlegt. Die Kammer billigte ihm aufgrund des Promillewerts letztlich eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit zu, andernfalls wäre theoretisch sogar eine lebenslange Haft möglich gewesen. Die Unterbringung in einer geschlossenen Entziehungsanstalt wird auf die Strafzeit angerechnet. Staatsanwalt Carsten von Chiari hatte 14 Jahre und sechs Monate gefordert, Verteidiger Markus Meißner sieben Jahre. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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SZ vom 16.05.2009/sus
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