Angebote eingestellt:Kaum noch Entlastung

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Pflegende Angehörige erhalten in der Corona-Zeit wenig Hilfe

Von Sven Loerzer

Menschen, die ihre Angehörigen zu Hause pflegen, hatten es in den vergangenen Monaten besonders schwer, Entlastung zu finden. "Die Corona-Pandemie trifft Pflegebedürftige und ihre Angehörigen besonders hart", erklärt Sozialreferentin Dorothee Schiwy (SPD). Der Schutz der pflegebedürftigen Menschen, die zumeist auch unter vielen chronischen Erkrankungen leiden, führte zu erheblichen Einschränkungen. "Externe Unterstützungs- und Entlastungsangebote sind vielfach weggefallen, Aufnahmen und Einzüge in Pflegeeinrichtungen sind deutlich schwieriger geworden", berichtet die Sozialreferentin auf Antrag der SPD-/Volt-Stadtratsfraktion.

Während die Pflegeeinrichtungen zwar den Umgang mit Infektionen durch den Norovirus, der zu Magen-Darm-Entzündungen führt, und mit multiresistenten Bakterien gut beherrschten, hätten fundierte fachliche Kenntnisse zur Infektionsprävention von Covid-19 weitestgehend gefehlt, berichtet Schiwy. Ursache dafür sei, dass in Bayern die Ausstattung der Einrichtungen mit Hygienefachpersonal nicht wie in Krankenhäusern durch eine Hygieneverordnung vorgeschrieben sei. Der lange Zeit geltende Aufnahmestopp für neue oder aus einer Klinik zurückkehrende Bewohner sei inzwischen aufgehoben, nun gelten in den Einrichtungen individuell zu erstellende Schutzkonzepte. Besonders für demenzkranke Personen sei der Umzug in ein Pflegeheim schon ohne Corona-Pandemie eine "große Herausforderung". Der Verlust der vertrauten Umgebung, in der sie noch Orientierung und Halt fanden, aber auch neue Abläufe, neue Räume, neue Personen führen wegen der Erkrankung oft zu Abwehr oder Rückzug. Ist wegen des Ansteckungsrisikos eine Quarantäne in einem Einzelzimmer nicht zu umgehen, wird die Situation durch die Isolation noch belastender. Nicht minder schwierig war es mit der Tagespflege, nur wenige Plätze blieben geöffnet.

Eine weitere Lockerung oder eine erneute Verschärfung der Schutzregelungen "hängt fast ausschließlich von der Entwicklung der Infektionszahlen ab und stellt eine Gratwanderung dar", erklärt Schiwy. Davon abhängig steigen oder sinken die Möglichkeiten der Angehörigen, Pflegeangebote in Anspruch zu nehmen. Die Stadt könne das nicht direkt beeinflussen. Wie wichtig gut qualifizierte Pflegekräfte sind, zeige die Corona-Pandemie "sehr eindrücklich". Umso mehr seien umfassende Reformen auf Bundesebene erforderlich, meint Schiwy. Unter anderem müsse die Finanzierung der Pflege neu aufgestellt und der aufzubringende Eigenanteil an den Kosten gesenkt werden.

© SZ vom 10.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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