Vater von Amy Winehouse:"Ich hatte den Namen Winehouse zuerst"

Amy Winehouse, 2009

Amy Winehouse war eine begnadete Soulsängerin, doch glücklich war sie in ihren letzten Lebensjahren nur selten. Dieses Foto entstand vor dem Westminster Magistrates Gerichtshof in London im Juli 2009. Sie hatte eine Frau nach einem Charity-Ball tätlich angegriffen.

(Foto: TOBY MELVILLE/REUTERS)

Während Amy Winehouse zehn Jahre nach ihrem Tod noch durch die Pop-Welt geistert, hat ihr Vater Mitch mit der Thilo Wolf Bigband aus Fürth ein "Cole-Porter-Album" aufgenommen.

Von Michael Zirnstein, Fürth

Der Name schwebt über allem, aber es dauert ein paar Minuten, ehe ihn jemand ausspricht: Amy. Es ist Mitch Winehouse, der damit anfängt. Und für die Zuhörer der Pressekonferenz ist das eine Erlösung. Denn es braucht keiner zu glauben, dass so viele Medienleute nach Fürth in die Wavehouse Studios gekommen wären oder sich per Stream zugeschaltet hätten, wenn in der Einladung gestanden hätte: Der Fürther Bigband-Boss Thilo Wolf hat ein Album voller Cole-Porter-Gassenhauern mit irgendeinem weißhaarigen Londoner Nebenerwerbs-Sänger aufgenommen, über den Wikipedia als ersten Satz schreibt: "Mitchell Winehouse (* 4. Dezember 1950 in London) ist ein ehemaliger britischer Taxifahrer." Erst mit dem zweiten Satz aus dem Internetlexikon wird's doch spannend: "Er ist der Vater der 2011 verstorbenen Sängerin Amy Winehouse ..." Amy Winehouse: Superstar, Drama-Queen, Drogenleiche - als diese Trinität torkelt sie als Glamour-Geist durch die Popwelt seit ihrem Alkoholvergiftungstod vor zehn Jahren.

Vater von Amy Winehouse: Doppelter Fingerzeig: Mitch Winehouse (rechts) und Thilo Wolf gemeinsam in Fürth.

Doppelter Fingerzeig: Mitch Winehouse (rechts) und Thilo Wolf gemeinsam in Fürth.

(Foto: Sascha Pöltl)

Und der Vater? Nicht gleich so einer wie Britney Spears' Höllenvorsteher. Aber war dieser Mitch nicht jener kalte Kerl, der sie im Stich ließ, sie den falschen (Drogen-)Freunden und dem Tod überließ, wie die populäre Dokumentation "Amy - the Girl Behind the Name" es 2015 erzählte? "Der dumme Film" wird Mitch Winehouse etwas später ungefragt sagen und ein völlig anderes, wärmeres Bild seiner Familie zeichnen. Zuerst sagt er aber: "Meine Tochter liebte Cole Porter. Und ich habe ihn ihr gezeigt." Damit stellt er schon mal klar: Ohne ihn, Mitch, keine Amy, wie wir sie kennen, als die, die den Jazz und Soul wieder in den Pop brachte (wie man weiß auch dank der Hilfe der Retro-Klangmeister Mark Ronson und Gabe Roth). Ja, erklärt er, er habe durchaus Einfluss auf das Schaffen seiner Tochter gehabt. "Ich bin zumindest ein besserer Sänger als ihre Mutter." Manchmal habe er Amy, die ja keine ausgebildete Sängerin gewesen sei, bei Atemtechnik und Tonartwechseln beraten; und eines seiner vielen Gespräche über Entzug mit ihr, habe sie schnell notiert und zu einem Welthit gemacht: "Rehab".

Mitch Winehouse soll nun nicht unsympathisch rüberkommen. Er ist ehrlich ("Ich habe bis vor zwei Jahren Amys Platten nicht hören können, weil ich weinen musste."), plaudert locker vom Stehhocker, er macht Witze, und er singt tatsächlich routiniert, frisch und lässig wie die alten Crooner: "Ich war so gut als Sänger, dass ich Taxifahrer geworden bin", so kommentiert er mit einem Musikerscherz seine jungen Jahre in London, als alle lieber Pop von den Beatles als seine geliebten Jazz-Songs hören wollten.

"Er zahlt die meiste Gage"

Thilo Wolf kam auch wegen Amy auf Mitch. Respektive durch dessen Buch "My Daughter Amy", das der Fürther Musiker im Urlaub in Miami gelesen habe. Dabei habe er entdeckt, dass Mitch selbst zwei Bigband-Alben aufgenommen habe, er hörte rein, fand sie "brillant", wollte den Sänger nach Deutschland holen, schrieb eine Mail, fuhr zu seinem Konzert in Prag und: "Es passte einfach". Das kann Mitch Winehouse bei der Frage, warum er denn Wolf zugesagt habe, nur bestätigen: "Er ist am weitesten gefahren. Er zahlt die meiste Gage", scherzte er, und wurde ernst: Wolf sei ein "wunderbarer Pianist", sein viel beschäftigtes Ensemble "die beste Swing-Band Deutschlands", es sei eine "Ehre", mit ihnen zu spielen. Er habe mit so vielen Musikern gearbeitet, die nicht mit solcher Intelligenz und Respekt herangegangen seien an die Standards, die man diesmal eben "nicht standardmäßig" heruntergeleiert habe.

Wolf, der 54 Jahre alte Tausendsassa (30 Alben, vier Musicals, zwölf Jahre lang eine eigene TV-Sendung im BR) hat für "Swinging Cole Porter" inklusive sich selbst fünf Arrangeure beschäftigt. Die haben die tausendfach interpretierten, zum Teil durch Frank Sinatra zementierten Titel ("I Get A Kick Out Of You") recht pfiffig neu frisiert. Aus "I Concentrate On You" etwa machte Roger Ciceros Bigband-Leader Lutz Krajenski einen Bossa Nova, den, so Wolf, "man auch am Strand von Brasilien hören" könne. Jedenfalls laufen die 14 Songs gut durch und machen prima Laune.

Mitch sind diese Nummern eines der allerallerwichtigsten Songwriter wichtig, auch wegen Amy. Für sie sei "Concentrate" Magie gewesen, sagt er. Schon wieder ist Amy im Raum. Profitiert er also von ihrem Namen? "Mein Name ist Winehouse, ich hatte ihn vor Amy", sagt Mitch selbstbewusst. Und dann erzählt er, wie wichtig es für ihn war, dass seine Tochter seinen Gesang gut gefunden habe, dass sie ihn 2010 zu seinem späten Debüt-Album "Rush Of Love" ermutigt habe, die Songs mit auswählte und im Studio dabei war - "es war schwierig, mit ihr zu arbeiten, sie machte die ganze Zeit Witze".

Aber natürlich sei ihr Name wichtig. Er stehe über der "Amy Winehouse Foundation", die er zwei Jahre nach ihrem Tod gegründet habe und die Kindern und Jugendlichen mit Alkohol und Drogenproblemen helfe. Alle Erlöse seiner Projekte als Sänger oder Autor flössen in die Stiftung, verspricht er, "auch Thilos Gewinn, wenn wir zehn Millionen CDs verkaufen". Letzteres war wieder ein Scherz. Auch wenn er pekuniär nicht von ihr profitiert, Amy steckt in allem drin.

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