Amtsgericht:Warnschuss für amateurhafte Drogenhändler

Zwei junge Männer wollen mit dem Verkauf von Marihuana Geld verdienen, sind dabei aber extrem unvorsichtig. Das Amtsgericht lässt Milde walten.

Von Stephan Handel

Es ist wieder Wandertag am Strafjustizzentrum in der Nymphenburger Straße, wie stets vor den Ferien verstopfen Schulklassen zunächst den Eingang, dann die Gerichtssäle. Ein Verfahren allerdings fand so gut wie ohne Öffentlichkeit statt, obwohl es in Ablauf und Ausgang eine wichtige Botschaft hätte schicken können an die Besucher und Besucherinnen im Alter kurz vor oder kurz nach der Volljährigkeit.

Man könnte auch sagen: Das Gericht in Person von Amtsrichterin Elisabeth Ziegler und ihren beiden Schöffen feuert einen Warnschuss ab, den neben den beiden Angeklagten am besten auch all ihre Altersgenossen gehört hätten.

Die beiden jungen Männer sind mittlerweile 22 Jahre alt und kennen sich noch aus der Schule. Vor gut zwei Jahren beschlossen sie, sich ein bisschen Geld nebenbei zu verdienen, indem sie Marihuana verkauften - und sie haben sich dabei so dumm und amateurhaft angestellt, dass sie allein dafür schon jede Strafe verdient hätten.

Zum einen: Der Messaging-Dienst Threema erlaubt zwar das anonyme Versenden von Kurznachrichten - werden die Nachrichten jedoch auf dem Handy gespeichert, dann kann die Polizei sie natürlich trotzdem lesen, wenn sie das Telefon beschlagnahmt hat. Also: Besser keine Verabredungen über Marihuana-Bestellungen per Kurzmitteilung treffen.

Ähnliches gilt für Bitcoin - die Internet-Währung kann zwar zu anonymisierten Zahlungen verwendet werden, wenn aber die Kontoauszüge mit den realen Euro-Bewegungen sauber und gewissenhaft in einem Schnellhefter abgelegt werden, dann freut sich die Drogenfahndung über diese Erleichterung ihrer Arbeit.

Schließlich: Drogen im Dark-Net bestellen ist das eine - dabei aber die eigene Heimat- als Lieferadresse angeben, das geht spätestens dann schief, wenn der Lieferant in Norddeutschland hochgeht und die Polizei Päckchen mit Name und Adresse bei ihm findet.

Das alles ist nun allerdings überhaupt kein Spaß - der Staatsanwalt weist darauf hin, dass nach Erwachsenen-Strafrecht für jede der sieben angeklagten Taten eine Haftstrafe von einem Jahr anzusetzen wäre. Aber erstens kommen die beiden Möchtegern-Dealer in den Genuss des Jugendstrafrechts, und zweitens haben sie, seit die Polizei bei ihnen zuhause vorbeigeschaut hat, einiges getan: An einem Abstinenzprogramm teilgenommen, sich in Psychotherapie begeben, alle zwei Monate die Drogenfreiheit testen lassen. Zudem geben sie alles zu.

Es kommt also zu einem so genannten Rechtsgespräch, das früher "Deal" hieß: Wenn die Angeklagten gestehen, so stellt die Richterin ihnen anschließend in Aussicht, werde sich die zu verhängende Strafe lediglich im Bereich von "Weisungen und Zuchtmitteln" bewegen.

So kommt es dann auch: Beide jungen Männer müssen demnächst zu einer Woche Dauerarrest antreten, außerdem 60 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten, 20 weniger, als der Staatsanwalt gefordert hatte. Als letztes Wort sagten sie: "Es war eine Dummheit." und "Es wird nicht wieder vorkommen." Warnschuss gehört. Hoffentlich nicht nur im Gerichtssaal.

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