Kritik:Im Wirbel der Jahreszeiten

Amors Fest Gärtnerplatztheater

Tanzend wie im Sturm: das Ballett des Gärtnerplatztheaters.

(Foto: Marie-Laure Briane)

Das Gärtnerplatztheater feiert mit "Amors Fest" vier Barock-Komponisten. Eine Hommage auf das Leben und die Liebe, mal komisch, mal berührend.

Von Klaus Kalchschmid, München

"Amors Fest" war als Pasticchio mit Musik von vier Barock-Komponisten am Gärtnerplatztheater wahrlich ein Fest. Howard Arman hatte den musikalisch sensationellen vierteiligen Abend zusammengestellt und arrangiert, und er dirigierte ihn auch mit großer Verve und Präzision. Ganz ohne Maskenpflicht war er in jeder Hinsicht eine wunderbare Feier des Lebens und Liebens anhand der vier Jahreszeiten.

Vor allem der zweite Teil war ein Gesamtkunstwerk aus Bühne, Musik und Tanz: Nach Herbst und Winter blühte mit Musik von Claudio Monteverdi ("Lamento della Ninfa", "Tirsi e Clori") der Frühling auf, und das Ganze leuchtete in allen Schattierung von Türkis und hellem Grün (Kostüme: Thoams Kaiser) hinter mit Märchenwald bemalter Gaze zauberhaft im Morgensonnen-Glanz unter goldener Sichel (Bühne: Heiko Pfützner). Gyula Rab und Ilia Staple sangen als Tirsi (der junge Tenor war zuvor auch der Tod) und Clori (auch Nymphe) wunderbar stilsicher die 400 Jahre alte Musik und harmonierten später fein im Quintett mit Levente Páll (Bacchus oder Schlossherr), Juan Carlos Falcón (Amor/zuvor Diener) und Anna-Katharina Tonauer (Frühlingsnymphe/Vernunft). Zugleich erwachten die jungen Männer und Frauen in Zeitlupe einander umkreisend zu neuem Leben. Karl Schreiner kam mit seiner unterschiedliche Stile bedienenden Choreographie jetzt auf den Punkt, verschmolz auch als Regisseur Solisten und Tänzer zu einer wunderbaren Einheit.

Herrlich komisch und sehr berührend

Vor der Pause stand immer wieder der exzellente Chor des Gärtnerplatztheaters im Mittelpunkt, auch Bariton Ludwig Mittelhammer durfte neben den anderen Protagonisten als Nihilist mitmischen. Aber Tod und Amor übertrafen sich im Pfeileschießen, ließen die Tänzerinnen und Tänzer aus unterschiedlichen Gründen immer wieder zu Boden gehen. So war das Ganze trotz herrlich musizierter Klänge auf Französisch aus André Campras "Fêtes venitiennes" von 1710 und Englisch (Matthew Lockes "Cupid and Death" von 1653) ein wenig albern und disparat.

Doch "Der Sommer" geriet schließlich zum Höhepunkt des Ganzen. Nach Italienisch mussten nun alle sogar Spanisch singen. Sebastián Duróns Musik aus der Zeit um 1697, die in Bearbeitung und musikalischer Fortschreibung durch Howard Arman perfekt an Monteverdi anschloss, war es wert. Und es gelang bestechend, ganz zu schweigen vom Orchester des Gärtnerplatztheaters, das einem Originalklang-Ensemble kaum nachstand.

Nun wurde ein Fest ganz in Weiß gefeiert, mit Musik und Tanz, Wein und Speisen. Das war einerseits herrlich komisch, dann wieder sehr berührend. Am Ende fegten alle wie im Sturm tanzend von der Bühne und nahmen gleich noch alles an Mobiliar und Requisiten mit, bevor am Ende wieder unter Ausschluss der Öffentlichkeit unter einer schwarzen Folie gekuschelt werden durfte. Großer, begeisterter Beifall für einen nicht zuletzt musikalisch überragenden Abend!

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