Süddeutsche Zeitung

Altstadt:Umbau am Viktualienmarkt: Standlbetreiber fürchten um Existenz

  • Auf den Münchner Märkten soll alles hygienischer werden. Für Standbetreiber bedeutet das unter anderem: Glas statt Planen, Plastik statt Holz - de facto also den Abriss der alten Buden.
  • Für den Markt am Wiener Platz konnte das verhindert werden, beim Elisabethmarkt muss umgebaut werden.
  • Bald schon könnte auch dem Viktualienmarkt der Umbau drohen, fürchten Händler und andere Unterstützer. Dagegen wollen sie sich wehren.

Von Birgit Lotze

Im vergangenen Sommer, als durch den Einsatz von Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) der Markt am Wiener Platz in Haidhausen vor der Abrissbirne gerettet wurde, waren die Händler auf dem Viktualienmarkt noch in Hochstimmung. Sie hofften, dass damit auch der berühmteste Markt der Stadt verschont bleibt.

Doch das scheint sich nicht zu bewahrheiten. "Wir befürchten das Schlimmste", sagt Elke Fett, die Chefin der Interessengemeinschaft der Viktualienmarkthändler (IGV), "bei uns brodelt es furchtbar, wir schlafen alle schlecht." Jetzt bekommen die Händler Unterstützung vom Verein "Freunde des Viktualienmarkts". Dessen Ziel: den Markt erhalten und die Händler schützen.

Vorsitzender ist Wolfgang Stefinger, Münchner Bundestagsabgeordneter für die CSU. Wenn die große Sanierungswelle rollt, was am Viktualienmarkt zu befürchten sei, dann geht typisches Münchner Flair verloren, befürchtet er und fordert eine "sanfte Sanierung". Der Viktualienmarkt liegt in Stefingers Wahlkreis; aber nicht nur Anwohner sind Mitglieder bei den "Freunden des Viktualienmarktes", auch Anlieger des Gärtnerplatzes und Bürger aus Fürstenfeldbruck und Kirchheim zählen dazu.

Der Notartermin für die offizielle Gründung steht noch aus, doch der Zuspruch ist angeblich bereits hoch. Am Montag ging der Verein online, 30 Stunden danach sollen laut Stefinger schon mehr als hundert Nachrichten eingegangen sein - von Fans, potenziellen Unterstützern, manche teilen einfach ihre schönen Erfahrungen mit dem Viktualienmarkt mit. Alle eine die Frage, sagt Stefinger, wie die Stadt mit ihren Herz umgehen will: "Es ist unbegreiflich, dass unserem Viktualienmarkt, ein Münchner Postkartenmotiv, die Abrissbirne droht."

Stefinger hat sich bereits in Sanierungsprojekte in Haidhausen und Schwabing vehement eingemischt, beim Markt am Wiener Platz, beim Elisabethmarkt. Am Wiener Platz haben die Markthallen München, die dem Kommunalreferat unterstehen, Konzessionen gemacht: Der Ensembleschutz soll hier greifen. Für das Projekt Elisabethmarkt sehen die Markthallen allerdings keinen Anlass, von den ursprünglichen Plänen abzugehen. Diese lauten: Glas statt Planen, Plastik statt Holz - alles soll hygienischer werden. Das Kommunalreferat will Platz für Kühlflächen, Lagerhaltung und für Toiletten schaffen.

Genau das soll nun auch am Viktualienmarkt passieren, befürchten die Händler. Es habe keine positiven Zeichen seitens der Stadt gegeben, es interessiere sich niemand für sie, die Händler bekämen nicht einmal Auskunft, sagt Elke Fett. Inzwischen vergebe die Stadt nur noch Drei-Jahres-Verträge, auch Familienunternehmen, seit Jahrzehnten vertreten, seien betroffen.

Wie stark sich der Viktualienmarkt ändern wird, ist noch unklar

Dem Gewürzwerk habe man die Zuweisung weggenommen, "die wollen uns ausdünnen", befürchtet Elke Fett. Auch ausstehende Reparaturen werden beklagt. Aus den Containern des Müllhauses "läuft die Soße", das sei bereits öfter moniert worden. Mehrere Stände seien davon betroffen - der Fischhändler, der Eisstand, Gemüsestände und der orientalische Imbiss gegenüber. "Sie machen uns bewusst kaputt." Weder die Verwaltung, noch die städtischen Politiker zeigten "ein Gespür für dieses Juwel". Eine städtische Justiziarin habe die Stände als "altes Graffel" bezeichnet. Und jetzt solle auch noch das Architekturbüro, das den neuen Viktualienmarkt plant, für die Planungszeit mittendrin seinen Standort bekommen.

Am Dienstag, 21. Februar, soll es von 19 Uhr an einen Infoabend des Kommunalreferates im großen Saal des Stadtmuseums geben. Ein Konzept wolle man dort noch nicht vorlegen, sagt Sprecher Bernd Plank, die Stadt sei "noch in der Grundlagenermittlung". Wie stark sich der Viktualienmarkt künftig verändert, sei noch "absolut spekulativ".

Aber: "Märkte sind keine musealen Orte", gibt Plank zu bedenken, "es gibt sicher das ein odere andere Häusl, das nicht bleiben kann". Schließlich würden auf dem Viktualienmarkt Lebensmittel verkauft, und dafür gebe es Standards.

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SZ vom 08.02.2017/keke
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