Altstadt:Ringen um die Rikscha-Stellplätze

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In der City finden die Radl-Taxler nicht genügend Flächen, um auf Fahrgäste zu warten. Und weil auch die bestehenden Aufstellareale, etwa vor dem Kaufhaus Beck, Probleme aufwerfen, geht die Suche weiter

Von Julian Raff, Altstadt

Auch ohne Busse, Taxis und Radler, die noch vor ein paar Jahren mitmischten, fordert das Gewurl (hochdeutsch: Getümmel) am Marienplatz den konzentrierten und wendigen Fußgänger. Müde Touristen steigen da gerne in eine der rund 150 Rikschas, die im Zentrum unterwegs sind und ihrerseits Passanten zu Ausweichmanövern zwingen - besonders dort, wo die Fahrrad-Taxler gruppenweise auf Kunden warten. In Absprache mit den Fahrern und dem Gewerbeverband Citypartner, sucht der Bezirksausschuss (BA) Altstadt-Lehel in einer zweiten Runde Plätze für neue Rikscha-Stände.

Per Pilotversuch wurde im vergangenen Jahr unter anderem ein Platz für rund sechs Rad-Rikschas vor dem U-Bahnaufgang beim Alten Rathaus markiert. Zwei weitere Segmente in der Kaufingerstraße und im Tal mussten inzwischen wieder Baustellen weichen. Den Platz teilen müssen sich die Radtaxis aber auch mit Wirten und Einzelhändlern. Ein schwieriges Ringen um den Kompromiss, vor allem an der Ecke Marienplatz/Burgstraße, direkt vor der östlichsten Eingangsarkade des Kaufhauses Ludwig Beck.

Der Platz ist knapp: In der Altstadt wie hier am Kaufhaus Beck finden die Rikschafahrer kaum genügend Flächen, um auf Fahrgäste zu warten. (Foto: Robert Haas)

Die Rikschafahrer um ihren Sprecher Falk Hilber hätten hier gerne zwei neue Aufstellplätze, ergänzend zum U-Bahnaufgang. Sie schätzen den Platz als Knoten zwischen Tal und Marienplatz, aber auch, weil er vor dem östlichen Beck-Zugang reichlich internationale Kundschaft garantiert. Dieter Münch vom Vorstand des 158 Jahre alten Traditionshauses wiederum erklärte dem BA, warum er mit dieser Art der Verkehrsanbindung seine Probleme hat: Vor zehn Jahren hatte die Beck AG Südfassade und Arkaden nach historischem Vorbild umgestaltet. Durch Entfernung der sperrigen alten Vitrinen, ein preisgekröntes Fassadendesign, später durch den Rückbau der Straßenfurt mit ihren Taxiständen entstand ein neues Entrée. Dieses wird nun allerdings, wie der Beck-Manager beklagt, zunehmend durch wild abgestellte Fahrräder beeinträchtigt.

Auch wenn der Radverkehr hier nicht mehr flott via Dienerstraße und Rindermarkt durchrauscht, weil Radler und auch Rikschafahrer hier tagsüber schieben, nimmt er doch stetig zu. Die Zahl der offiziellen Stellplätze aber blieb gleich. Verstärkt werden die Arkaden südseitig zugeparkt, seit vor dem westlichen, von einer halbhohen Mauer geschlossenen Teil üppig bestückte Pflanzkübel stehen. Der Verhau, so Münch, schade dem Geschäft, und blockiere mitunter sogar Fluchtwege. Eine Situation, die Rikscha-Sprecher Hilber nur bedauern, aber nicht abstellen kann.

Taxler mit verschiedenem Antrieb: Rikschafahrer sind vor allem im Sommer aus dem Stadtbild nicht mehr wegzudenken. (Foto: Tobias Hase/dpa)

"Schwierig, schwierig", findet auch BA-Verkehrsexperte Jürgen-Peter Pinck (SPD) den Standort, verteidigt ihn allerdings als Teil eines "Kompromisses, der beiden Seiten etwas abverlangt". Die Rikschafahrer, seit Jahrzehnten im Straßenbild etabliert, hätten sich als "disziplinierte Partner" erwiesen, und anderswo Zugeständnisse gemacht, so Pinck: Von dem Vorschlag, eine weitere Aufstellfläche mit etwa vier Plätzen vor dem Hauptportal des Alten Peter einzurichten, seien die Fahrer wenig begeistert gewesen. Vor dem nicht als Eingang genutzten, durch ein Ziergitter abgesperrten Tor verbreitert sich die Straße, so dass hier vier Rikschas Platz hätten. Keine optimale Geschäftslage für die Fahrer, aber verträglich auch aus Behördensicht. Nur der Segen der die Erzdiözese steht noch aus. Noch ein Stück weiter südlich, beim Schuhgeschäft am Löwenturm/Rindermarkt, könnten sich BA, Feuerwehr, KVR und Fahrer einen weiteren Aufstellplatz vorstellen. Die westliche Altstadt ließe sich außerdem von einem weiteren, rund sechs Plätze fassenden Rikschastand aus bedienen, der an der Nordmauer des U-Bahnaufgangs Ecke Neuhauser/Herzog-Wilhelm-Straße Platz fände.

Der BA vertagte sich in Sachen Beck-Standort. Der Interessenkonflikt lieferte dabei auch den Anlass, grundsätzlich zu diskutieren, ob der wachsende Radverkehr nicht ähnlich gelenkt werden müsste wie Autoströme: Zwar fordert das Gremium einstimmig und ergänzend zu einem im Juni verabschiedeten Positionspapier, bei der Wiederherstellung des Thomas-Wimmer-Rings breitere Radwege zu konzipieren, allerdings unter dem Vorbehalt, dass dadurch Planungen für bessere Radl-Durchgangsachsen, vor allem für die Nord-Süd-Variante, nicht gebremst werden dürfen. Man könne jedenfalls die Pedalisten nicht per Radl-Ring ums Zentrum herumleiten, wie einst die Autofahrer mit dem Bau des Altstadtrings, gab Stefan Blum (CSU) zu bedenken: "Radler nehmen nämlich immer den direktesten Weg".

© SZ vom 18.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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